Zurzeit räumt die Occupy-Bewegung ihre Zelte vor den Finanzinstituten in New York und Frankfurt - häufig mit tatkräftiger Unterstützung von Polizisten. Gleichzeitig hofft die Gruppe, dass die Diskussion, die die Bewegung angestoßen hat, nicht ganz abreißen wird.
Dieses Buch ist einer der Versuche, die Occupy-Bewegung nicht ganz in der Versenkung verschwinden zu lassen - wobei nach Lektüre fraglich ist, ob dies gelingen wird.
David Graeber ist bekannt durch sein epochales Werk Schulden. Die ersten 5000 Jahre. Er ist ein US-Kulturanthropologe und bekennender Anarchist. In Inside Occupy erzählt er, wie es zur Occupy-Bewegung kam und wie ihm der geniale Begriff "Wir sind die 99 Prozent" (gegenüber dem einen Prozent, das die Finanzmittel und damit die Mach hält) einfiel.
Leider kommt das Buch über eine gewisse Leblosigkeit nicht hinweg. Auch gibt Graeber in den 200 Seiten keinen Einblick in die Denkschule der Occupisten. Nicht einmal die Kritik am bestehenden System ist besonders pointiert. Und schon gar nicht kommt es zu halbwegs stringenten Gegenentwürfen.
Es dürfte der Anarchismus Graebers sein, an dem es hakt. Dieser, meint der Autor ganz richtig, kann als politisches System nur in kleinen Gruppen gelebt werden. Schon die repräsentative Demokratie mit ihrem Konsensprinzip sei nur ein Verwaltungshaufen mit vielen Reibungsverlusten. Wie sich die Occupy-Bewegung die ideale Gesellschaft vorstellt, wird in dem Buch nicht klar. Auch nicht der Weg dorthin. (ruz, DER STANDARD, 13.8.2012)