Draußen johlen die Frauen, hinter der Bühne will das Terri- torium abgesteckt sein: Matthew McConaughey (re.) und Channing Tatum.

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Wien - Der junge Mann heißt Adam. Er fällt nicht vom Himmel, aber er landet auf dem ungedeckten Dach eines Hauses. Dort lernt er den Bauprofi Mike kennen. Nur Stunden später steht Adam mit dessen Vermittlung auf der Bühne eines Nachtklubs: Vor dutzenden kreischenden Frauen soll er sich ausziehen, und weil er sich dabei nicht ganz ungeschickt anstellt, wird er umgehend als sechster Mann in die Mengroup der "Cock-Rocking Kings of Tampa" aufgenommen.

Auch Mike alias "Magic Mike", der Titelheld von Steven Soderberghs jüngster Regiearbeit, gehört zu diesem in Florida gefeierten Männerstrip-Ensemble. Anhand von seinem und Adams Beispiel wird in der Folge eine klassische Entwicklungsgeschichte erzählt. Der eine Protagonist schiebt schon zu lange seine wahren Träume auf - er will sich eigentlich mit der Anfertigung selbstdesignter Möbel selbstständig machen. Das lukrative Einkommen als Stripper deklariert er als Mittel zum Zweck und belügt sich dabei natürlich ein wenig selbst. Der andere junge Mann scheint währenddessen Schritt für Schritt den dunkleren Verführungen des Milieus zu erliegen.

Auch der Film verabschiedet sich schnell von der Baustelle und dem Problem, dass gelernte Arbeitskräfte dort zu Dumpingpreisen mit ungelernten konkurrieren müssen. Lieber widmet sich Magic Mike den Milieustudien auf und hinter der Stripklub-Bühne. Die - situationsbedingt gerne auch einmal gekippte - Perspektive bleibt jene der Männer. Gleich zu Beginn erklärt Ober-Cock-Rocker Dallas, den Matthew McConaughey mit Waschbrettbauch, Hohlkreuz und Verve verkörpert, den Zuschauerinnen im Klub, wo für sie der Spaß endet.

Sein Beckenkreisen sorgt für Instanthysterie beim weiblichen Publikum. So muss weiland Elvis gewirkt haben. Bald darauf kam die sexuelle Befreiung und andere Emanzipationsbewegungen. Gewissermaßen als deren Spätfolge und Indiz einer fortschreitenden Kommodifizierung wurden 1979 in L. A. die immer noch existierenden Chippendales gegründet - nach Eigendefinition Marktführer in Sachen "Ladies' Entertainment".

Steven Soderbergh, der sich inhaltlich und stilistisch regelmäßig neu orientiert (zuletzt: Contagion und Haywire), hat sich dieses Entertainment-Segments nun gemeinsam mit Hauptdarsteller Channing Tatum angenommen. Der Schauspieler (Step Up) ist Koproduzent, sein Kompagnon Reid Carolin hat das Drehbuch geschrieben. Soderbergh hat sich hinter der Kamera um eine weniger kunstvolle als vielmehr gekünstelte Umsetzung gekümmert. Die kleinen und größeren Dramen (Drogen, Kreditwürdigkeit) bleiben relativ beliebige Versatzstücke, die man zwischen die dampfenden Shownummern packt. Sie werden aber auch zu ernst vorgetragen, als dass man darin die (komische) Überdrehung einer Standarderzählung sehen könnte.

In Peter Cattaneos Männerstripkomödie The Full Monty (1997) stand der gewöhnliche Körper im Rampenlicht. Hier ist es der getunte Körper. Haut und Haupthaar, Muskeln und Weichteile - vor der Show wird alles in Form und auf Hochglanz gebracht. Auch der pumpende Hochdrucktanzstil, den man auch in Castingshows gerne pflegt, steht für ein Konzept, das Sexiness an Hochleistung und Konformismus koppelt.

Im Grunde traditionell

Solche Feststellungen interessieren im Film aber gar nicht. Vor allem, sagt uns Magic Mike, steckt doch auch im erotischen Tänzer ein treuherziger Kerl, der mit seinem Mädchen bloß eine beschauliche Beziehung führen will. Mit viel Aufwand und Körpereinsatz wird also erstaunlich wenig und vor allem wenig Neues erzählt. Immerhin eignet sich Magic Mike als Fundgrube für Referenzen: Schon der erste weltberühmte Chippendale, Thomas, war schließlich Kunstmöbeltischler. Und die Enkelin von Elvis, Riley Keough, spielt auch mit. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 14./15.8.2012)