Der neue Spitzenkandidat der Kärntner BZÖ ist ein Altbekannter: Josef Bucher. Beim Sommergespräch wird er von Haubenkoch Petz nicht mit offenen Armen empfangen - weil er "ja auch in diesem Umfeld ist, wo ich sage, das gefällt mir nicht".

Foto: Der Standard/Hendrich

"Es wird jetzt alles einem Toten in die Schuhe geschoben, der kann sich nicht mehr rechtfertigen."

Foto: Der Standard/Hendrich

"Unter Haider wurde großzügig viel Geld verteilt. Ich habe mir schon immer gedacht: Wo kommt das her?"

Foto: Der Standard/Hendrich

Standard: Das BZÖ will in Kärnten antreten. Mit wem an der Spitze?

Bucher: Ich werde selbst als Spitzenkandidat antreten und will Landeshauptmann werden.

Standard: Herr Petz, ursprünglich wollten Sie Herrn Bucher gar nicht am Badeschiff haben. Haben Sie ein Problem mit Politikern?

Petz: Ich habe ehrlich gesagt nicht recht viel Spaß mit dem, was politisch gerade so passiert in Österreich. Ich überlege mir wirklich bei vielen Politikern, ob ich die hier haben möchte. Und nachdem der Herr Bucher ja auch in diesem Umfeld ist, wo ich sage, das gefällt mir nicht, habe ich überlegt, ob ich das überhaupt will. Dieses ganze FPÖ/BZÖ-Geflecht.

Standard: Dabei sind Sie, Herr Bucher, derzeit ja sehr um Distanz zu den Vorgängen in Kärnten bemüht.

Bucher: Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe in den letzten drei Jahren eine Politik gemacht, wo es keine Vorfälle gegeben hat, für die man sich rechtfertigen muss. Ich war 20 Jahre in der Privatwirtschaft, ich weiß, was es heißt, Arbeitsplätze zu schaffen, Steuern zu zahlen und einen ordentlichen Kaufmann abzugeben. Natürlich kann man vieles aus der Vergangenheit kritisieren, mir gefällt auch einiges nicht.

Standard: Herr Bucher, wie hat sich denn Ihr Bild von Jörg Haider in den letzten Wochen verändert?

Bucher: Schauen Sie, ich bin so pietätvoll, dass ich auf einem Verstorbenen nicht herumtrample. So viel Respekt sollten wir haben. Es wird jetzt alles einem Toten in die Schuhe geschoben, und er kann sich nicht mehr rechtfertigen. Ich hätte auch die eine oder andere Frage an Haider. Aber ich weiß, dass ich keine Antworten mehr bekomme. Die Anschuldigungen kommen ja nur von jenen, denen das Wasser bis zum Hals steht.

Standard: Welche Fragen hätten Sie denn?

Bucher: Na, ob das tatsächlich so war, wie manche sich jetzt bei ihm abputzen. Da machen sich's manche sehr leicht.

Standard: Haben Sie auch Fragen, Herr Petz?

Petz: Ich glaube schon, dass es zulässig ist, auch einen Verstorbenen zu hinterfragen. Man kann ja nicht sagen, der ist jetzt gestorben, und jetzt darf man ihn nicht mehr anrühren. Das fände ich ein bisserl seltsam. Denn da ist ja noch mehr im Umfeld passiert. Und wenn man jetzt eine Person ausklammert, kann man das nicht in der Gesamtheit erfassen. Es ist richtig, zu sagen, okay, was war jetzt wirklich. Dass das immer über Anschuldigungen läuft, ist klar, denn sonst wird ja nichts aufgeworfen. Es gibt ja viele Leute, die wissen mit Bescheid.

Bucher: ... die stehen jetzt vor dem Richter und ich vertraue darauf, dass die Justiz ordentlich ermittelt und dann Urteile spricht. Mir ist noch keine Anschuldigung bekannt, aus der hervorgeht, dass Jörg Haider jemals Geld genommen hätte. Geld genommen hat der Herr Martinz von der ÖVP. Was noch kommt, weiß ich nicht.

Standard: Dennoch: Ist die Strahlkraft von Jörg Haider verblasst?

Bucher: Schaun Sie, Jörg Haider war einer, der in Kärnten vieles bewegt hat. Und der viel gearbeitet hat. Und es gelingt ja nicht jedem immer alles. Ich weiß nicht, aber Ihnen wird auch nicht immer jedes Soufflé gelingen ...

Petz: ... um Gottes willen, nein ...

Bucher: ... und so ist es in der Politik: Man geht mit dem besten Vorsatz an die Aufgabe heran, aber ob es aufgeht, weiß man nicht, weil man nicht allein entscheidet. Und Jörg Haider hat nie alleine regiert. Auch wenn es medial den Anschein hatte.

Standard: Sind Sie überzeugt, dass er mit den besten Absichten für das Gemeinwohl Politik betrieben hat?

Bucher: Bis nichts bewiesen ist, ja. Ich bin keiner, der vorverurteilt. Solange es keine Beweise gibt, gilt die Unschuldsvermutung.

Standard: Wie hat sich Ihr Bild vom Haider-Vertrauten Stefan Petzner, ihrem Vize-Klubchef, verändert?

Bucher: Überhaupt nicht. Ich kenne den Stefan Petzner schon seit geraumer Zeit und weiß um seine politischen Interessen, seine Vorzüge und seine Defizite.

Standard: Wie glaubhaft ist es, wenn Haiders Lebensmensch sagt, er weiß von all den Millionen an Steuerberater Birnbacher nichts?

Bucher: Das ist ja nicht meine Aufgabe, das zu klären, sondern die der Gerichte. Ich war nicht mit dabei, ich kann das nicht beurteilen. Wenn vor Gericht neue Fakten auf den Tisch gelegt werden, werden wir uns danach richten.

Standard: Sie vertrauen Stefan Petzner weiterhin uneingeschränkt?

Bucher: Das ist doch ganz klar, dass man jedem Menschen Vertrauen gegenüberbringt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist.

Standard: Herr Petzner hat auch in anderer Sache Erklärungsbedarf: etwa, wieso eine auf Steuerkosten erstellte Broschüre des Landes Kärnten glatt als BZÖ-Werbung durchgehen könnte. Wie sieht der Folder für Sie aus?

Bucher: Ich habe die Broschüren nicht gesehen. Das muss auch das Gericht klären. Ich bin weder Zeuge noch Beschuldigter, ich bin Außenstehender, und es ist nicht meine Aufgabe, das zu beurteilen. Wenn hier wirklich Steuergeld veruntreut wurde, dann ist das zu verurteilen.

Standard: Herr Petz, haben Sie ein gutes Gefühl bei dem, was in Kärnten mit dem Geld der Steuerzahler geschieht?

Petz: Nein, schon länger nicht. Ich habe den Eindruck, dass unter Jörg Haider relativ großzügig sehr viel Geld verteilt worden ist. Und ich hab mir schon immer gedacht: Wo kommt das her?

Standard: Das Geld für die Broschüre kam von der Kärntner Tourismus Holding, deren Aufsichtsratsvorsitzender Sie, Herr Bucher, damals waren. Da ging auch Geld an die Landesimmobiliengesellschaft, die wohl nur wenig mit Imagevideos zu tun hat.

Bucher: Das Geld kam damals aus fünf Landesgesellschaften. Im Jahr 2008, also ein Jahr vor der Wahl in Kärnten, gab es den Plan, eine Imagebroschüre mit Film für das Land Kärnten zu erstellen. Mit dem Ziel, Investoren zu ködern und ihnen Wirtschafts- und Tourismusprojekte schmackhaft zu machen. Unter der Voraussetzung habe ich auch zugestimmt. Danach war ich nicht mehr Aufsichtsrat und konnte nicht mehr verfolgen, was mit den Mitteln passiert. Zu einer Wahlkampfbroschüre hätte ich nie einen Cent gegeben.

Standard: Für die Staatsanwaltschaft ist es eine Wahlkampfbroschüre.

Bucher: Wenn sie das daraus gemacht haben, dann ist das zweckentfremdend gemacht worden, und ist zu verurteilen. Aber das muss das Gericht beurteilen.

Standard: Wann soll ein Politiker sein Mandat zurücklegen?

Bucher: Ich hoffe, dass die Vorfälle in der ÖVP jetzt zu einer strengeren Gesetzgebung führen. Das Mandat oder die Funktion muss zur Verfügung gestellt werden, sobald eine Anklage vorliegt. Ich habe einen sehr hohen Anspruch an politische Moral.

Standard: Wie lässt sich dieser Anspruch mit einem Peter Westenthaler vereinbaren, dessen Verurteilung zu sechs Monaten bedingter Haft wegen Falschaussage bereits aus dem Strafregister getilgt wurde?

Bucher: Getilgt, genau! Zuvor wurde Westenthaler verurteilt und dann in den Nationalrat gewählt. Weil er auf der Liste Haiders stand. Mein Reinheitsgebot für die nächsten Nationalratswahlen: Die Kandidaten müssen vollständig vorstrafenfrei sein, unterschreiben, dass sie bei Regelverstößen das Mandat zurücklegen.

Petz: Das ist ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Befremdlich finde ich, dass verurteilte Politiker einfach weiter beschäftigt werden und die Partei sagt, okay, passt, reden wir nicht drüber.

Bucher: Wenn er gewählt ist, dann ist er gewählt.

Petz: Nach der Verurteilung hätte man sagen können: Danke, du bist nicht mehr dabei. Dann wäre er auch nicht mehr im Nationalrat gesessen.

Bucher: Wie gesagt, künftig herrschen strengere Regeln.

Standard: Herr Petz, was halten Sie von dem Süppchen, dass da einige in Kärnten gekocht haben?

Petz: Es ist mehr als bedenklich, dass nicht nur mit öffentlichen Geldern so umgegangen wird, sondern auch die Moral, die da dahintersteckt. Das kann doch nicht sein, dass hier mit aller Gewalt versucht wird, dort und da Kohle herzubekommen, das Ganze zu verschleiern. Aber da gibt es auch außerhalb Kärntens viele Beispiele. Und wir bezahlen dafür. Die armen Kärntner wissen bald nicht mehr, wen sie wählen sollen.

Standard: Derzeit dürfen sie ja gar nicht wählen.

Petz: Das ist ja das Nächste. Da wird mit einer Kaltblütigkeit agiert, da wird versucht, sich mit aller Gewalt an der Macht zu halten mit Mitteln, die jenseitig sind. Was soll man da noch dazu sagen?

Bucher: Wir haben die Neuwahlforderung sogar schon früher, im Jahr 2010, erhoben.

Standard: Herr Petz, wie politisch kann denn Kochen sein?

Petz: Kochen hat natürlich etwas mit Politik zu tun. Da geht es ja auch darum, welche Lebensmittel verwende ich und welche nicht, für wen koche ich? Speziell bei Köchen, die in der Öffentlichkeit stehen, geht es auch darum, wovon distanziere ich mich.

Bucher: Ich mache das rein aus Leidenschaft. Eine politische Dimension sehe ich nicht unmittelbar. Sicher, man könnte sagen, ich verwende nur Fair-Trade-Produkte ...

Petz: ... sollte man. Man muss sich von gewissen Produkten distanzieren. Weil es moralisch nicht vertretbar ist, damit zu kochen. Thunfisch etwa ...

Bucher: ... Gänsestopfleber.

Petz: Da bin ich nicht ganz dabei. Unsere Batteriehendln schon eher. Gegen die Gänseleber wird immer gewettert. Gegen das Hendl um 1,25 Euro hab ich noch nie etwas gehört. Nur gegen solche Nischenprodukte wird ein Wirbel gemacht. Aber dort, wo wirklich in unvorstellbaren Mengen Tiere gequält werden, Scheiße produziert wird, das traut sich kein Politiker angreifen.

Standard: In Ihrem Kochbuch schreiben Sie: "Die Süße des Lebens ist niemals vergebens".

Bucher: Das ist so ein seelisches Empfinden. Schokolade macht ja Freude, Süßigkeiten vermitteln Glücksgefühle. Jedenfalls bei mir.

Petz: Ich hab lieber ein Stückl Käse nach dem Essen. (Karin Riss, DER STANDARD, 14./15.8.2012)