Die Traumstrände von Sansibar erlebt Peter Knauseder gemeinsam mit seiner Freundin. Was der Blogger auf seiner Weiterreise durch Afrika noch gesehen hat, zeigt diese Ansichtssache.

Foto: Peter Knauseder

Die Straße von Mongu nach Lusaka führt durch den Kafue Nationalpark, ein Schutzgebiet von der Größe Belgiens. Ich bekomme so eine Safari vom Busfenster aus. Neben mir sitzt ein Ingenieur, der gerade von einem Familienbesuch zurückkommt und ganz begierig darauf ist, sich mit mir über die Unterschiede zwischen dem westlichen Individualismus und dem afrikanischen Gemeinschaftssinn zu unterhalten.

In einem Land ohne (funktionierendes) Sozialsystem liegen die Vorteile eines starken und ausgedehnten Familienzusammenhalts auf der Hand, doch andererseits ist dies nach der Meinung meines Gegenübers auch der Grund, warum viele seiner Landsleute darauf verzichten, mehr als das zum Leben Notwendige zu erwirtschaften, da sie davon ausgehen können, dass sich schon bald diverse Verwandte melden würden, um von ihrem "Reichtum" zu profitieren. Da man deren Bitten nicht würde abschlagen können, wären schließlich alle Mühen umsonst gewesen. Auch sein jetziger Familienbesuch habe ihn deshalb einiges an Geld gekostet.

Stadt, Land, wilde Tiere

Lusaka ist sicher keine schöne Stadt und wirkliche "Sehenswürdigkeiten" gibt es eigentlich auch nicht, doch es hat Atmosphäre und auch einige farbenfrohe Märkte, auf denen ich mir die Zeit vertreibe.

Mit meinem Bruder, der mich ab hier für zwei Wochen bis nach Sansibar begleiten wird, fahre ich mit dem Bus für drei Tage in den Westen des Landes nach Chiapata, von wo aus wir in den South Luangwa Nationalpark wollen.
In dem Überlandbus wird viel und leidenschaftlich gebetet und göttlicher Schutz für die Reisenden erfleht. Angesichts der mangelnden technischen Ausstattung und der oft betrunkenen Fahrer ist dies auch sicher keine schlechte Idee.

Eine Safari zu machen war für mich eigentlich nie wichtig, doch ich bin schließlich froh, dazu überredet worden zu sein. Es ist schlicht aufregend, in einer Gegend zu sein, wo wirklich große und gefährliche Tiere frei herumlaufen und ich freu mich wie ein kleines Kind, wenn ich ein solches vom Jeep aus entdecke.

Holprige Nostalgie auf Schienen

Mit dem Tazara Express fahren wir vom Kapiri Mposhi, einer Stadt etwa 200 Kilometer nördlich von Lusaka, nach Dar es Salam in Tansania. 50 Stunden Fahrzeit sind es offiziell, doch ich habe noch von niemandem gehört, der jemals pünktlich angekommen wäre.

Die Zeit vergeht relativ schnell, es gibt immer etwas zu sehen, speziell auf der tansanischen Seite ist die Landschaft sehr abwechslungsreich. Die beiden Sambianer in unserem Abteil sind ganz angenehme Gesprächspartner. Ein Ticket in einem 4-Bett Abteil kostet für die gut 2000 Kilometer nur ungefähr 35 Euro, was vermutlich neben der Konkurrenz durch das effiziente Bussystem auch ein Grund dafür ist, dass weder in die Strecke noch in den Zug selbst investiert wird.

Seit der Betrieb in den 70er-Jahren aufgenommen wurde, wurde wenig bis nichts verändert. Die Schienen sind in schlechtem Zustand, die Waggons ebenso, die Fahrt ist unruhig und holprig. Bei jedem Zwischenstopp drängen sich Händler an den Zugfenstern, um den Passagieren Bananen und andere kleinere Snacks, aber auch Säcke voll Reis oder Kinderschuhe zu verkaufen.

Wir stoppen oft. Der zweimal wöchentlich verkehrende Zug dürfte in vielen dieser kleinen Siedlungen die einzige Abwechslung sein. Für den Fall, dass den Reisenden selbst langweilig werden sollte, gibt es auch noch einen Barwagen, in dem billiges Bier verkauft wird. Die Zeit vergeht und wir verfallen in eine wohlige Lethargie, die nur noch von der dreimal täglich servierten Portion Nshima (Maisgrieß) unterbrochen wird. Erst als der dritte Abend anbricht, und ein Ende immer noch nicht in Sicht ist, wird es doch etwas mühsam. Um drei Uhr in der Früh erreichen wir schließlich mit neun Stunden Verspätung unser Ziel und werden von einem Polizisten zu einem Taxi begleitet, dessen Nummer er sich notiert.

Der Zauber Sansibars

Ich habe mich schon lange gefreut, nach dem kulinarisch doch recht langweiligen Sambia die Küche der Swahilikultu, die eine Mischung aus arabischen, persischen, indischen und afrikanischen Einflüssen darstellt, kennenzulernen. Doch wegen des Ramadans muss ich mich am nächsten Tag noch bis Sonnenuntergang gedulden. Ich werde nicht enttäuscht. Dar es Salam selbst ist eine sehr geschäftige Stadt mit viel Leben und noch mehr Verkehr auf den Straßen.

Wir bleiben zwei Tage und fahren dann mit der Fähre weiter nach Sansibar. Zwar haben mir viele Leute, die diese Insel von früher kennen gesagt, dass sie durch den Tourismus zerstört wurde und das "alte" Sansibar unwiederbringlich verloren sei, doch ich spüre dennoch sofort bei der Ankunft einen gewissen Zauber. Türkisblaues Wasser, die engen Gassen der Altstadt mit ihren vor sich hin bröckelnden Häusern, die kunstvoll geschnitzten Türen, die liebenswürdigen Menschen, die einem schon bei den geringsten Suahelikenntnissen freundlich zulächeln, die Gewürze der Märkte, ... alles fügt sich wunderbar ineinander.

Klar, es ist touristisch, aber erstens kann man dem relativ leicht aus dem Weg gehen, und zweitens bin ich schließlich auch ein Tourist, auch wenn ich mir einbilde ein besonders guter und kulturell sensibler zu sein.
Nach zwei Tagen fahre ich mit meiner Freundin, die in der Zwischenzeit meinen Bruder abgelöst hat, zu den Traumstränden an der Ostküste der Insel. Ein Postkartenidyll, es ist schon fast kitschig. Mehr aus Interesse, als dass ich wirklich glaube es mir leisten zu können, frage ich dort in einer eher exklusiven Lodge nach dem Preis. Ich habe mich nicht geirrt.

Doch sei es, weil sie von meinem auf Suaheli dahingestotterten "Ich... armer Student ... wie viel kosten möglich billiger...bitte?" gerührt waren, oder weil sie etwas für die soziale Durchmischung ihrer Gäste tun wollten, wird uns ein sehr großzügiger Preisnachlass gewährt, und wir können so einige Tage in dieser Luxusblase bleiben. (Peter Knauseder, derStandard.at, 14.8.2012)