Kabul - Afghanistan hat dem Nachbarland Pakistan erneut vorgeworfen, einen seiner Grenzposten beschossen zu haben. Bei einem folgenden, mehr als zweistündigen Feuergefecht sei Dienstag früh niemand verletzt worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Kabul. Pakistanische Sicherheitskräfte hätten rund 50 Artilleriegeschoße und Mörsergranaten in Richtung des Postens der afghanischen Grenzpolizei in der Provinz Kunar abgefeuert. "Auf unserer Seite wurde niemand verletzt, und es gibt auch keine Berichte über Verletzte auf der anderen Seite", so der Sprecher.

Pakistanische Armeevertreter waren zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Pakistan hat ähnliche Vorwürfe Afghanistans aber bisher stets zurückgewiesen und erklärt, nur auf Angriffe der radikal-islamischen Taliban zu reagieren. Afghanischen Angaben zufolge schlugen in den vergangenen Monaten hunderte von pakistanischen Sicherheitskräften abgefeuerte Geschoße auf afghanischem Territorium ein. Das Grenzgebiet zwischen den beiden Ländern gilt als Rückzugsort für die Taliban und andere islamistische Aufständische.

Anfang des Monats hatte der afghanische Präsident Hamid Karzai wegen des schärfer werdenden Grenzkonflikts auf Druck des Parlaments Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak und Innenminister Bismillah Mohammadi entlassen. Das Parlament hatte den Ministern Versagen im Grenzkonflikt mit Pakistan vorgeworfen. Das Verhältnis der beiden Staaten ist seit langem von tiefem Misstrauen geprägt, Kabul wirft Islamabad unter anderem vor, Aufständischen auf seinem Territorium heimlich Unterschlupf zu gewähren.

Verhandlungen mit den Taliban werden dementiert

Die afghanische Botschaft in Islamabad dementierte unterdessen Berichte über geheime Verhandlungen zwischen afghanischen Regierungsvertretern und einem in Pakistan inhaftierten führenden Kommandanten der Taliban. "Ein solches Treffen hat es nicht gegeben", sagte ein Botschaftssprecher. "Wir bestreiten jegliches Treffen zwischen Mullah Abdul Ghani Baradar und afghanischen Regierungsvertretern."

Ein Mitglied von Afghanistans Hohem Friedensrat, Mohammad Ismail Qasimyar (Kasimjar), hatte am Montag gesagt, es habe vor zwei Monaten Gespräche zwischen Baradar und afghanischen Vertretern gegeben. Baradar habe dabei "Interesse an Friedensgesprächen mit der afghanischen Regierung" gezeigt. Ein Mitarbeiter der pakistanischen Sicherheitsbehörden bestätigte das Treffen, das vom Innenministerium in Islamabad dann aber dementiert wurde.

Nach Angaben aus Baradars Umfeld wurde den Afghanen der Zutritt zu dem pakistanischen Gefängnis verwehrt, in dem der Taliban-Anführer sitzt. Über seine Familie sei ihm aber eine Botschaft der afghanischen Regierung übermittelt worden. Kabul bemüht sich seit Jahren um ein Friedensabkommen mit den Taliban. Diese lehnen Friedensgespräche aber offiziell ab und haben wiederholt Mitglieder des Hohen Friedensrates attackiert. (APA, 14.8.2012)