Preise für Nahrungsmittel bewegen die Menschen. Dass durch die schlechten Getreide- und Sojaernten nun Brot und Fleisch teurer werden, stößt hierzulande vielen sauer auf. Richtig schlimm ist es in den Entwicklungsländern, wo sich die Menschen nun Sorgen über ihr Täglich Brot machen müssen.

Es handelt sich dabei um keinen Versorgungsengpass, sondern um ein ökonomisches Lehrstück. Denn weltweit sind die Getreidespeicher gut gefüllt. Hungern müsste keiner mehr. Aber die Preise lassen den Magen knurren. Seit Juni sind die Mais- und Weizenpreise um 45 bzw. 50 Prozent gestiegen. Das Kraftfutter Sojaschrot ist fast doppelt so teuer wie im November 2011 und macht Fleisch kostspieliger.

Da die ärmeren Haushalte in Entwicklungsländern 60 bis 80 Prozent ihrer Einkommen für Nahrungsmittel ausgeben, rückt damit eine anständige Ernährung in weite Ferne. Und auch das World Food Programme droht bereits damit, die Rationen für Millionen Hungerleidende kürzen zu müssen.

Spaltapfel Biosprit

Dabei tut sich ein Spalt zwischen Industrie- und Entwicklungsländern auf. Während die Armen Mais, Soja und Co. ausschließlich als Magenfüller sehen, sehen die Reichen in den "Agrarrohstoffen" zunehmend Treibstoff und Spekulationsobjekte. Viel Geld fließt in Biomasse-Fabriken, die weltweit aus dem Boden sprießen. Zudem wurde finanzkräftigen Pensionsfonds das Wetten auf steigende oder sinkende Nahrungsmittelpreise schmackhaft gemacht.

So kommt es, dass 40 Prozent der Maisernte in den USA in den Tank fließen. In Österreich soll demnächst dem Benzin zehn Prozent Bioethanol (E10), gewonnen aus Getreide, beigemischt werden. Das erhöht aber die Preise für alle. Vor allem in den Vereinigten Staaten kann man den Einfluss auf das Preisniveau nicht abstreiten. Brechen die USA mit ihrer Biospritpolitik, dann würde so viel Mais auf den Teller drängen, dass der Preis für die gelben Körner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sinkt.

Die Agrarflächen drohen langsamer zu wachsen als die Weltbevölkerung. Setzt man weiter auf Biosprit, dann muss schleunigst die zweite Generation, die das Abfallprodukt Stroh verspritet, marktreif gemacht werden. Sonst hängt die Kost der Ärmsten der Welt von unserem Fahrverhalten ab. (Hermann Sussitz, derStandard.at, 14.8.2012)