Peking - Nach einem aufsehenerregenden Fall einer zu Zwangsarbeit verurteilten Mutter haben zehn chinesische Anwälte in einem Offenen Brief eine Reform des Systems der Arbeitslager gefordert. Das System verstoße gegen die Verfassung und verletze die Menschenrechte, sagte einer der Anwälte, Liu Weiguo, am Mittwoch. Zudem gebe es immer wieder Fälle von Missbrauch. Eine Verurteilung zu "Umerziehung durch Arbeit" wird in China Kritikern zufolge häufig benutzt, um gegen unliebsame Dissidenten vorzugehen.

In dem Brief wird unter anderem gefordert, die Anhörungen transparenter zu machen, die zu einer Verurteilung zu "Umerziehung durch Arbeit" führen. Auch sollten die Angeklagten mit ihren Anwälten unter vier Augen beratschlagen dürfen, zudem müsse eine Altersobergrenze von 60 Jahren für eine Einweisung in ein Arbeitslager eingeführt werden.

Reform wahrscheinlicher als Abschaffung

Der Offene Brief wurde auch auf den Internetseiten der Zeitung der Kommunistischen Partei erwähnt. Laut dem Mitunterzeichner Li Fangping ist das ein Zeichen dafür, dass Teile der KP ebenfalls eine Reform der Arbeitslager für notwendig halten. Er selbst sei für eine Abschaffung der Arbeitslager, sagte Anwalt Li. Angesichts des noch im heurigen Jahr geplanten Beginns eines Führungswechsels in Peking sei eine Reform aber wahrscheinlicher.

Vergangene Woche hatte der Fall einer Mutter in China aus der Provinz Hunan für Empörung gesorgt, die in ein Arbeitslager geschickt wurde, nachdem sie vor Regierungsgebäuden gegen die in ihren Augen zu Milde Bestrafung von Vergewaltigern ihrer elf Jahre alten Tochter protestiert hatte. Tan Hui war zu 18 Monaten Arbeitslager verurteilt worden, nach einer Protestwelle im Internet wurde sie dann aber aus dem Arbeitslager freigelassen. (APA, 15.8.2012)