Die allgemeine Enttäuschung über die Nicht-Detonation der durch Stefan Petzners Aussage im Birnbacher-Prozess erwarteten "Polit-Bombe" wäre vermeidbar gewesen. Denn schon am Tag davor erklärte Petzner in einem Krone-Interview: "Wenn ich sage, es kommt was, das die Politwelt erschüttert, dann kommt auch was - ich bin ja kein Idiot."

Sich ausgerechnet von Petzner Enthüllungen über die Ära Haider zu erwarten wäre aber auch ähnlich realistisch wie die Hoffnung auf eine schonungslose Abrechnung mit der politischen Führung der DDR durch Margot Honecker.

Die Aufgabe, diesbezüglich Klartext zu sprechen, bleibt somit bei Leuten wie Armin Wolf hängen, der es im ORF-Sommergespräch mit Josef Buchner auf den Punkt brachte: "Jörg Haider würde, wenn er noch leben würde, aller Voraussicht nach demnächst für ein paar Jahre im Gefängnis sitzen."

Dessen ungeachtet sieht der BZÖ-Chef nach wie vor in Haider sein "politisches Vorbild". Diese Trotzhaltung hat etwas kindlich Rührendes, und wenn Buchner im gleichen Interview auf die Frage nach seinem größten Talent als Politiker "Ehrlichkeit und Anständigkeit" antwortet, erinnert er an einen radikalen Abstinenzler, der sich auf sein Idol Harald Juhnke beruft.

Für eine andere, nicht minder originelle Form der Vergangenheitsbewältigung hat sich Heinz-Christian Strache entschieden. "Keine Kritik mehr am Eurofighter-Geschäft" habe Haider einst von ihm gefordert, wobei Strache schon damals geahnt habe, dass "mit den Parteifinanzen irgendetwas nicht stimmen kann. Aber man wollte die geforderten Unterlagen nicht herausrücken, selbst als ich mit einer Klage gedroht habe." Rückblickend also eine prophetische Erkenntnis, aber dennoch rätselhaft, warum es sich der heutige FPÖ-Obmann einst so schwer gemacht hat.

Die menschliche Schnittstelle zwischen Eurofighter-Deal und FPÖ-Parteifinanzen war Gernot Rumpold. Jener "Mann fürs Grobe" also, der nicht nur laut einem Gerichtsgutachten 600.000 Euro ohne nachvollziehbare Leistung von der Telekom für die Partei kassiert haben soll, sondern just zum gleichen Zeitpunkt auch zwei gemeinsame Firmen mit Strache besessen hat.

Das nennt man, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Strache hätte sich alle Zweifel, Verdachtsmomente und Klagsdrohungen ersparen können, indem er einfach seinen eigenen Geschäftspartner um Aufklärung gebeten hätte. Es handelt sich hier also um einen ähnlich unerklärlichen Fall von Nicht-Kommunikation wie zwischen Karl-Heinz Grasser und dessen Firmenpartner Walter Meischberger.

Vielleicht war Strache auch von seiner damaligen Doppelbelastung als Haiders Stellvertreter und Rumpolds Kompagnon in der gemeinsamen "Care Partners Gesundheitsfinanzierung GmbH" überlastet. Denkbar etwa, dass ihn das Kreieren des Marketing-Konzepts der Firma stark in Anspruch nahm, gipfelte dieses doch in einem atemberaubenden Werbeslogan: "Sie lachen, wir zahlen".

Ein mehrdeutiger Spruch, durchaus vergleichbar mit dem Wirken Jörg Haiders. Oft braucht es einen Perspektivwechsel, um zu erkennen, wie es wirklich gemeint war.(Florian Scheuba, DER STANDARD, 15.8.2012)