Bukarest - Der rumänische Premierminister Victor Ponta von den Sozialdemokraten (PSD) ist nun offenbar doch zu einer Kohabitation mit dem bürgerlichen Staatschef Traian Basescu bereit, den Pontas Regierungsbündnis "Sozialliberale Union" (USL) Anfang Juli seines Amtes enthoben hatte. Darauf lassen Aussagen gegenüber der britischen zeitung "The Guardian" schließen. Das Referendum zur Absetzung Basescus war dann am 29. Juli an der Beteiligungsschwelle von 50 Prozent gescheitert. Am 21. August wird eine Entscheidung des Verfassungsgerichts (VGH) über die Ungültigkeit des Referendums erwartet.

Vor einem Monat hatte Ponta in einem Interview für "Romania TV" noch suggeriert, dass er zurücktreten werde, wenn Basescu in sein Amt zurückkehren sollte: "Ich werde mit Basescu nicht kohabitieren. Wenn er gewinnt, hat er das Recht, zu sagen, mit wem er regieren möchte, und ich werde davon ausgehen, dass eine USL-Regierung keine Legitimität besitzt", so der Premier. Auch Pontas USL-Kopräsident und derzeitige Interimspräsident Crin Antonescu von der Nationalliberalen Partei (PNL) hatte öffentlich angekündigt, sich vollständig aus dem politischen Leben zurückzuziehen, wenn Basescu wieder in sein Amt zurückkehren sollte, relativierte jedoch nach dem Scheitern des Referendums diese Aussage.

"Basescu hat eine sehr starke Persönlichkeit"

Die Kohabitation mit Basescu machte Ponta gegenüber dem "Guardian" davon abhängig, dass Basescu "sich an seine verfassungsrechtlichen Befugnisse hält", die "nicht sehr weit" sind. Ponta selbst hält die künftige Zusammenarbeit für unwahrscheinlich: "Basescu hat eine sehr starke Persönlichkeit. Er war früher Schiffskapitän und seine DNA ist nicht fähig, mit irgend jemandem zusammenzuarbeiten", so Ponta.

Er verglich Basescu erneut mit dem 1989 gestürzten kommunistischen Diktator Nicolae Ceausescu und erklärte, dass die letzten zwanzig Jahre "vergeudet" wurden. Wie Ceausescu habe auch Basescu Institutionen wie das Parlament, die Regierung und die Geheimdienste kontrolliert, was den Wunsch der Bevölkerung erkläre, ihn "loszuwerden". Nach einem vom Basescu-Lager ausgerufenen Wahlboykott stimmten von den 46 Prozent der Wähler, die sich am Referendum beteiligten, 87 Prozent für die Absetzung Basescus.

Durch diese "riesige Unterstützung durch das Volk" sieht Ponta sein handstreichartiges Vorgehen gegen seinen Rivalen gerechtfertigt. Von den zahlreichen angeblichen Verfassungsverstößen, die die USL beim Amtsenthebungsverfahren Basescu vorgeworfen hatte, wurde keines vom Verfassungsgericht (VGH) bestätigt. Die Amtsenthebung konnte nur deshalb weitergeführt werden, weil die USL im Vorfeld die Befugnisse des VGH so eingeschränkt hatte, dass dessen Bescheid nicht mehr verbindlich, sondern nur konsultativ war.

Auch nach dem gescheiterten Referendum versuchte die USL durch eindeutig illegale Methoden, die sogar zwei von Pontas eigenen Minister zum Rücktritt veranlasst haben, die geltenden Wählerlisten nachträglich noch so abzuändern, dass das Quorum doch noch zustande gekommen wäre. Bereits vor dem Referendum hatte die USL versucht, die Quorumsregelung komplett zu eliminieren, was jedoch auf Druck der EU und infolge eines VGH-Urteils rückgängig gemacht werden musste.

Für seine Aktionen, die von Kritikern oft als "Staatsstreich" beschrieben wurden, muss Ponta nach wie vor deutliche Kritik seitens der EU, einschließlich des Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso und der Justizkommissarin Viviane Reding hinnehmen. Dies weist Ponta jedoch als "doppelte Standards" zurück und weist darauf hin, dass auch die Basescu-nahe Mitte-Rechts-Regierung zahlreiche Notverordnungen verabschiedet hatte. Allerdings hatten diese nicht auf parteipolitische Fehden, sondern auf jeneäußerst unpopulären, aber umso notwendigeren Reformen und Sparmaßnahmen abgezielt, die mit den internationalen Kreditgebern Rumäniens vereinbart worden waren, und die Pontas Partei damals aus der Opposition zu blockieren oder zu verzögern versuchte.

"Dies ist vielleicht die schwerwiegendste Krise der letzten zehn Jahre", gibt Ponta zu, doch "nach diesem heißen Sommer werden wir alle zu einer normalen Situation zurückkehren und beweisen, dass alle unsere europäischen Versprechen eingehalten werden". Diese Einschätzung muss als äußerst optimistisch gelten. Die wirtschaftlichen Folgen der Turbulenzen sind bereits gravierend - so musste der Internationale Währungsfonds (IWF) am Dienstag seine Wirtschaftswachstumsprognose für Rumänien für 2012 auf 0,9 herabsetzen, während die rumänische Währung deutliche Verluste verzeichnete und die Investitionen stagnieren. Auch politisch hat sich die Lage kaum entspannt - Basescu hat erklärt, zwar mit der USL, nicht aber mit Ponta kohabitieren zu wollen. Im November stehen Parlamentswahlen bevor. (APA, 15.8.2012)