München/Frankfurt - Die Aufregung um den Innenpolitikchef der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) begann gerade abzuebben, der in einem Porträt die Küchenfreuden des Präsidenten des deutschen Verfassungsgerichtshofs so lebhaft schilderte, als wäre er dabei gewesen. Dass er das nicht selbst erlebte, hätte er dazuschreiben sollen, räumte Heribert Prantl schließlich ein. Da veröffentlicht der nächste Ressortchef des Münchner Qualitätsblatts unter medialem Druck ein Bekennerschreiben.

Thomas Steinfeld, der mit Adrian Kreye das Feuilleton leitet, erklärt nun, er wäre einer von zwei Autoren, die unter dem Pseudonym Per Johansson den Kriminalroman "Der Sturm" im S.-Fischer-Verlag veröffentlichen. Steinfeld dementiert, der im Roman gemeuchelte Journalist stehe für Frank Schirrmacher, den Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Unter ihm arbeitete Steinfeld lange in deren Feuilleton.

Richard Kämmerling, leitender Kulturredakteur der "Welt", hatte Steinfeld als mutmaßlichen Autor genannt und Schirrmacher als unschwer erkennbares Vorbild für das Opfer. Für Iris Radisch bedeutete das "einen großen Feuilletonskandal, der sich um verletzte Ehre, um Abrechnung und vielleicht um die Sehnsucht nach dem ganz großen Erfolg dreht". In der "Zeit" vermutet Radisch, Steinfeld habe beim Abgang von der "FAZ" "vermutlich so manche Kränkung mitgenommen".

Steinfeld in seiner Erklärung: "Alle Ereignisse und Figuren in diesem Roman sind fiktiv, viele davon sind artifiziell zugespitzt." Keiner der "Autorenkollegen", die das Manuskript gelesen hätten, "kam auf den Gedanken, es könne sich um einen Schlüsselroman handeln. Der tote deutsche Chefredakteur ist eine abstrakte, idealtypische Gestalt, in deren Bild einige der jüngsten Themen des internationalen Feuilletons sowie Züge vieler Kulturjournalisten und ihrer Leser eingegangen sind. Diese Gestalt jetzt identifizieren zu wollen, indem man abenteuerliche Züge dieser Figur auf einen lebenden Menschen - und zudem auf einen respektierten Journalisten - überträgt und behauptet, damit den Roman und sein Motiv entlarvt zu haben, widerspricht den Grundlagen des Umgangs mit fiktiver Literatur."

Der Journalist im Buch ist Chefredakteur mit "altem Kinderantlitz" um die 50, schrieb Bücher über Gentechnik, Bevölkerungsschwund und Finanzmarkt. Er endet als "wirrer Haufen aus weiß rotem Fleisch und Knochen". (red, DER STANDARD, 17.8.2012)