Wien - Die derzeit heftig umstrittenen Strom-Netztarife sollen per 1. Oktober 2003 sinken: Stromregulator Walter Boltz rechnet mit einer durchschnittlichen Senkung von 6 Prozent. Ein entsprechender Begutachtungsentwurf werde noch im Juli ausgesendet, so dass es planmäßig zur Rücknahme kommen könne, so Boltz am Freitag bei einer Veranstaltung der Regulierungsbehörde E-Control. Die Netztarife machen den größten Anteil des Nettostrompreises (ohne Steuern und Abgaben) aus und sind laut Wirtschaftsministerium und E-Control deutlich höher als in anderen EU-Ländern. Bei den Haushalten beispielsweise sind die Netzgebühren rund zweieinhalb bis drei Mal so hoch wie der reine Energiepreis.

Die E-Control arbeitet derzeit an einem neuen Tarifierungsmodell für die Stromnetzgebühren, das von der E-Wirtschaft heftig bekämpft wird. Boltz will nun per Anfang Oktober dieses Jahres eine "light Variante" durchführen, die Systemumstellung, vor allem das umstrittene Benchmarking-Modell, aber erst Anfang 2004 einführen.

Im Herbst werde es eine "normale Anpassung" geben. Einbezogen in die Berechnungen der E-Control werden erstmals auch die Netzerlöse. Liegen bei einem Unternehmen die Erlöse aus dem Stromnetz deutlich über den Kosten, so müsse eine Tarifsenkung im Ausmaß der Überhänge erfolgen, so Boltz zur APA. Weiters sollen die Mengensteigerungen sowie ein Preisindex, der sich u.a. am Verbraucherpreisindex orientiert, berücksichtigt werden.

Neues Tarifierungssystem weiter heftig umstritten

Die Branche wehrt sich massiv gegen das neue Modell des Regulators zur Festsetzung der Netztarife. Bruno Wallnöfer, Vorstandsvorsitzender der Innsbrucker Kommunalbetriebe, forderte heute namens der österreichischen Netzbetreiber eine völlige Neuverhandlung. Die Umsetzung des im Frühjahr 2003 erstellten Modells würde die Erhaltung des substanziellen Eigenkapitals der Unternehmen verunmöglichen und die wirtschaftliche Existenz der Netzbetreiber massiv gefährden.

Allein die letzte Überprüfung der Netztarife in den Jahren 2001/2002 habe österreichweit bereits zu einer Senkung von durchschnittlich 6 Prozent oder 150 Mio. Euro pro Jahr geführt. Eine Senkung um beispielsweise 10 Prozent würde für die österreichischen Netzbetreiber eine Erlösminderung von 250 Mio. Euro im Jahr bewirken. Investitionen und Versorgungssicherheit seien gefährdet.

Argumentiert wird von der E-Wirtschaft mit verfassungsrechtlichen Bedenken wie etwa dem gesicherten Schutz des Eigentumsrechtes, aber auch dem Verfahrensrecht. Die Tariffestsetzung solle auf Basis einer Grundsatzverordnung des Wirtschaftsministers erfolgen, anhand derer (beeinspruchbare) Bescheide für jedes Unternehmen erlassen werden. Abgelehnt wird von der Branche eine generelle Tarifverordnung ohne Bescheide.

Boltz betonte heute die Wichtigkeit einer Neuregelung bei der Festsetzung der Netztarife, die für die Unternehmen Anreize zu mehr Effizienz bringen soll. Zudem soll die Reform eine Vereinheitlichung der derzeit österreichweit sehr unterschiedlichen Netztarife bringen. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 3.500 kWh gibt es Schwankungen von 4,7466 Cent 8,0 Cent je kWh. Innerhalb Österreichs existierten zwar Strukturunterschiede, allein dadurch ließen sich aber die großen Unterschiede nicht erklären. Der Regulator sieht bei einigen Unternehmen daher noch deutliche Effizienzsteigerungspotenziale. (APA)