Alpbach - Fernsehen und althergebrachte Computer mögen Kindern und Jugendlichen die Zeit für andere Beschäftigungen nehmen. Sie verändern aber weder Gehirn noch Gesundheit. Interaktive Spiele und Tablet-Computer können hier aber sehr wohl Veränderungen herbeiführen, betonte am Freitag der deutsche Psychologe und Neuropsychologie Thomas Elbert  von der Universität Konstanz bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen. "Wir wissen nicht, was der Tablet-Computer bringen wird", meinte er.

Der klassische Medienkonsum sei - so Elbert - recht gut erforscht: "In den USA verbringen die 8- bis 18-Jährigen täglich durchschnittlich acht Stunden vor einem Bildschirm." Es könnten auch mehr sein, weil ja TV-Konsum oft auch gleichzeitig mit anderer Mediennutzung - wie etwa Smartphones - erfolge. In Österreich verbringen Zehnjährige im Durchschnitt pro Tag zwei Stunden und 47 Minuten vor dem Fernsehgerät, in den USA finden täglich durchschnittlich fünf Stunden TV-Konsum statt." Da bleibe der Einfluss auf Erlebniswelt und Psyche noch relativ oberflächlich.

Problemfeld: Computerspiele

Die Kehrseite der Medaille liegt bei den interaktiven Computerspielen, so der deutsche Experte: "In einer Umfrage unter rund 4.000 Jugendlichen in Deutschland waren drei Prozent der Buben süchtig nach PC-Spielen, vier Prozent der Mädchen und fünf Prozent der Buben wiesen einen exzessiven Spielkonsum auf. Das TV macht dumm, dick und traurig. Fernsehen verändert aber nicht dramatisch das Gehirn, eher den Bauchumfang."

Anders ist die Lage bei Tablet-Computern, mit ihren interaktiven Programmen, die sogar schon von Kindern unter einem Jahr benutzt werden können: Der Spracherwerb wird anders, Fähigkeiten werden durch das interaktive Training schneller erworben. Welche Auswirkungen das in der Zukunft haben werde, sei nicht erforscht, ließe sich aber auch gar nicht wissenschaftlich klären, weil die Entwicklung der Unterhaltungselektronik auf diesem Sektor viel zu schnell verlaufe, um sie längerfristig studieren zu können.

Interaktivität bietet auch Vorteile

Die Tablets seien aber nicht a priori als negativ zu sehen. Elbert dazu: "Wir haben die Möglichkeit, Kinder schon ab einem halben Jahr trainieren zu können. Wir können Kindern mit diesen Systemen auch helfen." So konnten Kleinkinder schneller chinesische Silben unterscheiden, wenn sie mit dem Tab übten. Auch Bewusstseins- und Wahrnehmungstraining mit behinderten Kindern sei ausgesprochen erfolgreich. Doch auf der anderen Seite: Gewalt im Fernsehen führe offenbar zu nicht mehr Gewalt im täglichen Leben, aber wenn fast 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen in den USA interaktive Gewaltspiele am Computer nutzen, habe das wohl eine Auswirkung. Der Experte: "Computerspiele sind ganz anders in ihrer Interaktion."

Wichtig für Eltern und Erwachsene sei es, an der Computer-(Spiel)-Welt der Kinder und Jugendlichen teilzunehmen, um einen Überblick zu behalten. Außerdem sollte das Abhängigkeitspotenzial durch gezielte Kontrolle im Auge behalten werden. Und: Vor dem Alter von acht Jahren sollten Tablet-Computer, Computerspiele etc. am besten "weg gesperrt" werden. (APA/red, derStandard.at, 17.8.2012)