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Die Finanzpolizei hat bereits tausende Automaten beschlagnahmt. Nun prüft der EuGH, ob die Vorgangsweise zulässig ist.

Foto: Reuters/Daniel Munoz

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Oberösterreich hat massive Bedenken gegen das heimische Glücksspielgesetz. Nun wurde der Europäische Gerichtshof in Luxemburg angerufen.

 

Wien - Die heimische Finanzpolizei hat in den letzten eineinhalb Jahren rund 3500 illegale Glücksspielautomaten aus dem Verkehr gezogen. In aller Regel wehren sich die Besitzer aber mit allen juristischen Möglichkeiten. Allein beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) in Oberösterreich, der für Berufungen gegen Verwaltungsbescheide zuständig ist, sind derzeit 200 Beschlagnahme- sowie 100 Verwaltungsstrafverfahren anhängig.

Die Chancen der Automatenbetreiber, recht zu bekommen, sind nun gestiegen. Der UVS hat nämlich massive Zweifel daran, dass das seit 2011 gültige Glücksspielgesetz europarechtskonform ist. Am 16. August hat das UVS-Präsidium einen Antrag auf Vorabentscheidung an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gestellt.

Es geht dabei um die Frage, ob die Beschränkungen im Glücksspielsektor erlaubt sind oder ob nicht eine unzulässige Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs vorliegt. Laut Gesetz dürfen in Österreich nur 15 Kasino-Konzessionen sowie pro Bundesland drei Lizenzen für das kleine Glücksspiel (bis zehn Euro Einsatz) vergeben werden.

Grundsätzlich hat der EuGH schon mehrfach entschieden, dass die EU-Staaten sehr wohl Einschränkungen vornehmen dürfen - allerdings nur dann, wenn Quasimonopolregelungen der Kriminalitätsbekämpfung und dem Spielerschutz dienen und nicht nur auf eine Erhöhung der Staatseinnahmen abzielen.

Maximierung der Steuern

Dass diese Voraussetzungen in Österreich gegeben sind, bezweifelt der UVS. Die Behörden hätten bisher in keinem Verfahren "auch nur ansatzweise versucht", nachzuweisen, "dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht ... tatsächlich ein erhebliches Problem darstellte", heißt es in dem UVS-Schreiben, das dem Standard vorliegt. Ebenso unklar sei, ob es dem Staat nicht nur um eine "Maximierung oder massive Erhöhung der Staatseinnahmen" gehe. Daher sei davon auszugehen, dass die "konkret normierte Ausgestaltung des Glücksspielmonopols" nicht mit der Dienstleistungsfreiheit "vereinbar ist".

Zusatz der UVS-Juristen: Ein hoher Verbraucherschutz sei auch durch "weniger einschneidende Maßnahmen" möglich. Das Gesetz erscheine daher als "überschießend" und "inadäquat". Für pro blematisch hält man zudem, dass die Abgrenzung zwischen dem gerichtlich strafbaren Tatbestand und dem Verwaltungsstraftatbestand nicht unmittelbar im Gesetz erfolge.

Theoretisch könnten bereits Betriebsschließungen angeordnet werden, wenn noch gar nicht geklärt ist, ob eine Verwaltungsstraftat vorliegt, heißt es. Daher wird bezweifelt, dass die "demokratischen und rechtsstaatlichen Anforderungen" sowie das "Fairness- und Effektivitätsgebot" erfüllt werden.

Mit einem schnellen Richterspruch ist freilich nicht zu rechnen. Üblicherweise braucht der EuGH zwei Jahre. Parallel dazu sind auch mehrere Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof in Wien anhängig. (Günther Oswald, DER STANDARD, 18./19.8.2012)