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Lopatka ist ob des Sports bekümmert.

Foto: APA/Fohringer

Wien - Punkt 1: Spitzensport stärken. Punkt 2: Breiten- und Gesundheitssport spart Millionen an Gesundheitskosten. Punkt 3: Bewegung in Kindergärten und Schulsport ausbauen. Punkt 4: Behindertensport in Verbände eingliedern. Punkt 5: Großsportveranstaltungen nutzen. Punkt 6: Kampf gegen Doping weiterführen. Punkt 7: Frauensport gezielt fördern. Punkt 8: Challenge08- Nachfolgeprojekt für Fußballjugend. Punkt 9: Sport als Mittel zur Integration nutzen. Punkt 10: Geld aus Europa für Österreichs Sport.

Klingt alles vernünftig, könnte auch von Norbert Darabos kommen, dem Sportminister, der seit Jahren in zumindest großen Teilen ganz ähnliche Forderungen erhebt. Kommt oder kam aber von seinem Vorgänger, von Reinhold Lopatka, unter dem der Sport nicht in einem Ministerium, sondern in einem schwarzen Staatssekretariat (im roten Bundeskanzleramt) aufgehoben war. Lopatka schrieb dieses sein Programm, das nicht nur Überschriften, sondern zehn Seiten umfasst, im Herbst 2008, nach den Olympischen Spielen in Peking. Nun, durch Österreichs Medaillenbilanz in London (0/0/0), fühlt er sich einerseits "bestätigt" und andererseits "schlecht. Weil ich gemerkt habe, dass es vier verlorene Jahre waren".

Damals hatte Lopatka mit Bundeskanzler Alfred Gusenbauer "sehr ernsthafte Gespräche geführt", um eine Änderung der Rahmenbedingungen im Sport herbeizuführen, die schlicht "mies" seien. Doch Gusenbauer verlor sein Amt an Werner Faymann, und Lopatka verlor den Sport. Dieser sei ihm, sagt der Nationalratsabgeordnete und passionierte Marathonläufer, noch immer ein Anliegen, deshalb verfolge er Darabos' Schritte sehr genau. Inhaltlich hat Lopatka ("Vieles deckt sich") wenig auszusetzen. "Doch wie Darabos vorgeht, ist, vornehm ausgedrückt, äußerst ungeschickt. Zuerst spuckt er den Funktionären ins Gesicht, und dann will er sich mit ihnen an einen Tisch setzen. Das sieht so aus, als würde er selbst nicht daran glauben, dass er etwas zustande bringen kann, und rechtzeitig nach Schuldigen suchen. Das wären dann halt die Sportfunktionäre."

Im Prinzip hätte Darabos, der die Sportförderung gesetzlich neu regeln will, die Unterstützung von Lopatka, der sich "wesentliche Fortschritte" erhoffen würde. Schließlich sei es höchste Zeit, vor allem Strukturen zu vereinfachen. "Es gibt viel Nebeneinander und viel Durcheinander." Die Fördergeber seien unter keinen Hut zu bringen. Lopatka zählt auf: "Ministerium, Sporthilfe, BSO, ÖOC, Dachverbände, dazu die Bundesländer - das gehört aufgebrochen." Schon 2008 forderte Lopatka die Zusammenlegung von ÖOC und BSO - "ein Schritt, den unsere in Peking sehr erfolgreichen Nachbarstaaten schon gesetzt haben".

Die Anzahl österreichischer Medaillen ist für Lopatka sekundär, London habe "den Zustand offengelegt, in dem sich der Sport befindet". Die hohe Politik, die Lopatka mit Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger definiert, habe freilich "anderes auf der Agenda, vor allem die Wirtschaftskrise". Die Schulsportdiskussion sei wichtig, aber "leider für die Bildungsministerin uninteressant". Bei Pädagoginnen und Pädagogen, schon im Kindergarten, sei das musische Niveau hoch, das sportliche tief. "Man müsste Mut haben und eine entsprechende Ausbildung der Pädagogen verlangen", verlangt Lopatka. Das sei, wie so vieles, eine Frage des Wollens und keine des Finanzierens. "Geld", sagt Lopatka, "ist im und für den Sport genügend vorhanden." (Fritz Neuman, DER STANDARD, 18.8. 2012)