Addis Abeba/Johannesburg - Nach den blutigen Ausschreitungen in einer südafrikanischen Platinmine hat der frühere südafrikanische Jugendliga-Chef Julius Malema die Spitzenpolitiker des Landes zum Rücktritt aufgefordert. "Präsident (Jacob) Zuma hat das Massaker an unseren Leuten zu verantworten, er muss abtreten", sagte der umstrittene Politiker bei einem Besuch im Lonmin-Bergwerk. Dort waren am Donnerstag bei Zusammenstößen mit der Polizei 34 Kumpel getötet worden.
Unterdessen hat der Betreiber der Mine die streikenden Angestellten aufgefordert, bis Montag die Arbeit wieder aufzunehmen. Die letzte Frist für die Rückkehr zur Arbeitsstätte sei bis Montag verlängert worden, sagte eine Sprecherin des Bergwerkbetreibers Longmin, Gillian Findlay, am Sonntag. Andernfalls würden die Streikenden entlassen. Zuvor hatten die Streikenden eine Wiederaufnahme der Arbeit abgelehnt. Dies käme einer Beleidigung ihrer am Donnerstag bei Ausschreitungen getöteten Kumpel gleich, sagte Arbeiter Zachariah Mbewu. "Viele unserer Freunde und Kollegen sind tot, und sie erwarten, dass wir wieder zu arbeiten anfangen. Niemals." Derzeit werde noch um die Toten getrauert.
Anstiftung zum Rassenhass
Malema forderte, auch Polizeiminister Nathi Mthethwa solle sein Amt niederlegen, da die Ordnungskräfte auf seinen Befehl hin geschossen hätten. erklärte Malema. Gleichzeitig warf Malema der zuständigen Gewerkschaft NUM vor, nicht im Interesse der streikenden Bergarbeiter zu handeln und forderte die Demonstranten auf, sich zu organisieren und eine militante Vereinigung zu gründen.
Malema war im vergangenen Jahr aus der südafrikanischen Regierungspartei ANC ausgeschlossen worden. Unter anderem wird dem ehemaligen Verbündeten Zumas Anstiftung zum Rassenhass vorgeworfen.
Eskalation
Der Betreiber der Mine sagte den Familien der getöteten Bergleute finanzielle Unterstützung zu. Das britisch-südafrikanische Unternehmen Lonmin PLC versprach, den Kindern der Opfer die Schulausbildung zu bezahlen. "Diese Finanzierung wird die gesamte Ausbildung von der Grundschule bis zur Universität abdecken", teilte der Finanzchef Simon Scott auf der Webseite der Firma mit. Insgesamt waren bei den gewaltsamen Zusammenstößen in dem Bergwerk binnen einer Woche 44 Menschen ums Leben gekommen. Die Firma sprach den Betroffenen ihr tiefes Beileid aus.
Hintergrund der Ausschreitungen ist ein Streik Tausender Minenarbeiter, die drastische Lohnerhöhungen fordern. Am Donnerstag war die Lage eskaliert. Offenbar eröffnete die Polizei das Feuer, um sich gegen die mit Feuerwaffen und Macheten bewaffnete Menge zu verteidigen. Mehr als drei Dutzend Bergmänner starben, fast 80 wurden verletzt.
"Völlig inakzeptabel"
Interne Polizeiermittler nahmen am Samstag ihre Arbeit auf. Die Experten seien in der Grube eingetroffen, teilte die Dienstaufsichtsbehörde mit. Aufgabe der Ermittler sei es zu klären, ob der Polizeieinsatz im Verhältnis zu der Bedrohung durch die Bergarbeiter war. Präsident Zuma hatte bei einem Besuch der Mine am Freitag die Einrichtung einer Untersuchungskommission angekündigt.
Die südafrikanische Nobelpreisträgerin für Literatur Nadine Gordimer zeigte sich angesichts des Polizeimassakers an den protestierenden Minenarbeitern schockiert. Sie sei buchstäblich zusammengebrochen, berichtete die Schriftstellerin im AFP-Interview. "Ich kann nicht glauben, dass dieses Massaker von unserem eigenen Volk an unseren eigenen dunkelhäutigen Menschen verübt wurde", so die 88-Jährige. Die Vorkommnisse seien "völlig inakzeptabel". (APA, 19.8.2012)