Wien - Der Benzinpreis hat am Samstag in Deutschland mit 1,692 Euro je Liter Super E10 einen historischen Höchstwert erreicht - und Besserung ist nicht in Sicht. Die Rohölpreise sind heute, Montagfrüh, weiter angezogen, die Zapfsäulenpreise in Österreich verweilten auf hohem Niveau. Eurosuper kostete heute im Schnitt 1,489 Euro je Liter, bei Diesel lag der Durchschnittspreis bei 1,420 Euro.
ARBÖ und ÖAMTC führen die Zapfsäulenpreise auf die hohen Rohölpreise zurück, die zum Teil eine Folge der erhöhten Nachfrage in der Reisesaison sind, aber auch des derzeit schwachen Eurokurses. Laut ÖAMTC ist eine Senkung der Preise nicht zu erwarten, außer es käme zu einer Freigabe der nationalen Reserven. Beide Klubs empfehlen dringend, die Preise vor dem Tanken zu vergleichen. So schwankte nach ARBÖ-Berechnung am vergangenen Freitag der Preis für Eurosuper zwischen 1,370 und 1,549 Euro je Liter.
Hedgefonds und Finanzspekulanten motiviert
Die Mineralölindustrie verweist auch auf die politische Instabilität im Nahen und Mittleren Osten. Dies werde zumindest kurzfristig Preissenkungen verhindern. "Der Ölpreis steigt derzeit, weil die Nordsee gegenwärtig weniger Öl liefert, das Iran-Embargo wirkt und China und Brasilien Konjunkturprogramme aufgelegt haben und mehr Rohöl nachfragen. Das motiviert Hedgefonds und Finanzspekulanten, auf steigende Ölpreise zu setzen", so der Geschäftsführer des Fachverbandes der Mineralölindustrie, Christoph Capek.
Am Wochenende hatte BZÖ Klubobmann Josef Bucher als selbst ernannter "Anwalt der Autofahrer" vor einer weiteren Erhöhung der Mineralölsteuer (MöSt) gewarnt und auf angebliche Studien des Umweltministeriums verwiesen. Er will nun mit einer parlamentarischen Anfrage klären, was es mit dieser Studie auf sich hat.
Inzwischen könnte Bewegung in die Diskussion über den "Ackertreibstoff" E10 (Benzin mit 10 Prozent Ethanolanteil) kommen. Wie die "Salzburger Nachrichten" (SN) berichten, soll diese Woche ein Spitzentreffen von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) dazu stattfinden. Eine Bestätigung dafür war bisher nicht zu erhalten.
Zwist um E10-Einführung
Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) will im Herbst E10 einführen, braucht dazu aber die Zustimmung von Wirtschafts- und Verkehrsministerium. Und die geben sich bedeckt.
Am Montag hat sich die FPÖ zu Wort gemeldet und die Einführung von E10 mit "Menschenopfern" in Zusammenhang gebracht. "Der Teller muss wichtiger sein als der Tank", forderte FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek in einer Aussendung. In Deutschland hat Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) seine Forderung wiederholt, die Produktion von E10 einzustellen, da diese den Hunger in der Welt fördert.
Keine Änderungen beim Preiskorridor
Im Wirtschaftsministerium gibt es außerdem keine Überlegungen, Änderungen beim Spritpreis-Korridor wegen der hohen Spritpreise vorzunehmen. Die entsprechende Verordnung wird wie geplant bis zum Herbst evaluiert, erklärte das Ministerium. Der Korridor wurde nach Ostern von Wirtschaftsminister Mitterlehner eingeführt, um Preissprünge zu reiseintensiven Zeiten zu vermeiden. Er galt zum Ferienbeginn in Westösterreich vorerst zum letzten Mal.
Autoclubs warnen
Beim ÖAMTC heißt es, dass die Preisentwicklung beim Ethanol und beim Rohöl heuer nahezu parallel verlief. Allerdings hat der Ackertreibstoff einen geringeren Energieanteil, wodurch der Verbrauch der Fahrzeuge leicht ansteigt. Hier wäre daher eine Steuerbegünstigung für E10 anzudenken. Der ARBÖ warnt, dass die Einführung von E10 den Superbenzin um bis zu 10 Cent je Liter verteuern könnte. Das gibt auch der Mineralölverband zu bedenken. "Generell sind Biokraftstoffe trotz eines hohen Preisniveaus bei fossilen Kraftstoffen teurer als Benzin oder Diesel. Ein steuerlicher Anreiz bei der Mineralölsteuer für E10 ist derzeit in Österreich nicht vorgesehen. Es ist also davon auszugehen, dass eine Einführung von E10 - wann auch immer - einen Anstieg der Tankstellenpreise bedeuten würde", so Capek.
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) warnt vor "verheerenden Umweltauswirkungen, mit denen zu rechnen ist, wenn Agro-Kraftstoffe in großem Stil produziert werden". Die finanziellen Folgen müssten dann alle tragen, ob Autofahrer oder nicht. (APA, 20.8.2012)