Vierzig Tafeln erinnern in Freilassing an die Opfer, die während der Nazi-Herrschaft per Bahn in die Konzentrationslager verschleppt wurden.

Foto: DB AG

Die ÖBB dokumentieren ihre Geschichte in einer Schau am Praterstern.

Salzburg/Freilassing - Während der NS-Diktatur wurden etwa drei Millionen Menschen aus fast ganz Europa mit Zügen in die Vernichtungslager transportiert. Erst spät rückte die Mitverantwortung der Staatsbahnen am Holocaust in den Fokus. Eine deutsche Bürgerinitiative setzte sich dafür ein, auch auf deutschen Bahnhöfen an die Deportationen zu erinnern. Dies stieß beim ehemaligen Chef der Deutschen Bahn (DB), Hartmut Mehdorn, zuerst auf wenig Gegenliebe. Schließlich gab die DB dem öffentlichen Druck nach, im Jänner 2008 eröffnete die Wanderausstellung "Sonderzüge in den Tod - Die Deportation mit der Deutschen Reichsbahn" im Bahnhof Berlin Potsdamer Platz. Einen wesentlichen Anteil an dem Konzept, Menschen außerhalb von Museen an einem alltäglichen Ort anzusprechen, haben die bekannten französisch-deutschen Antinaziaktivisten Beate und Serge Klarsfeld.

Mehr als 300.000 Besucher zählt die Schau inzwischen, derzeit macht sie unmittelbar an der Salzburger Grenze, im Nachbarort Freilassing, Station. Vierzig Tafeln sowie eine Medienstation zeigen Dokumente und Grafiken, in Zeitzeugeninterviews schildern Überlebende die verheerenden Zustände beim Transport, Menschen werden porträtiert. Zum 175-jährigen Bestehen der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) erinnern diese in Wien derzeit mit einer ähnlichen Ausstellung an die eigene Geschichte: "Verdrängte Jahre - Bahn im Nationalsozialismus in Österreich 1938-45".

Die Österreichischen Bundesbahnen (damals BBÖ) wurden nach Hitlers Einmarsch von der Reichsbahn übernommen, dazu etwa 20 Prozent der Bediensteten entlassen - viele Eisenbahner leisteten als überzeugte Sozialisten und Kommunisten aktiven oder passiven Widerstand. Organisiert wurden die Transporte in die Vernichtungslager von SS-Bürokrat Adolf Eichmann und seinem "Fahrdienstleiter in den Tod", Franz Novak. Zynisch-perfides Detail: Die Verschleppten mussten ab 1941 für ihre Zwangsreise auch noch zahlen. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD, 21.8.2012)