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"Wenn eine Mutter an Krebs erkrankt, so muss sie ihre Aufmerksamkeit auf sich selbst richten, auch wenn eigentlich das Baby ihre ganze Fürsorge braucht", spricht Alexander Strauss, stellvertretender Direktor der Universitäts-Frauenklinik Kiel, von einem "Dilemma".

Foto: AP/Chitose Suzuki

Brustkrebs wird bei Frauen, die schwanger sind oder stillen, oftmals nicht frühzeitig genug entdeckt. Das hat mehrere Ursachen: Durch die Schwangerschaft und das Stillen verändert sich die Brust und ein Milchstau kann während der Stillzeit immer wieder zu kleinen Knötchen führen, die sich von selbst wieder auflösen.

Auf der anderen Seite liegt das Zentrum der Aufmerksamkeit in der Schwangerschaft und mehr noch in der Stillzeit vor allem auf dem Baby, das alle Kraft und Achtsamkeit beansprucht. Beides kann dazu führen, dass eine Veränderung der Brust so lange übersehen wird, bis eine erfolgreiche Behandlung gefährdet ist.

Eine von 5.000 Schwangeren betroffen

Brustkrebs in Schwangerschaft oder Stillzeit ist eine seltene Erkrankung: Grob geschätzt ist eine von 5.000 Schwangeren betroffen, in Deutschland nur wenig mehr als 100 Frauen pro Jahr. Für sie bedeutet die Diagnose einen existenziellen Einschnitt. Zunächst einmal gilt wie auch außerhalb einer Schwangerschaft, dass die Operation umso kleiner ausfallen kann und die Aussichten umso besser sind, je früher der Krebs entdeckt wird.

Eine Bestrahlung der operierten Brust sollte entsprechend den gültigen Leitlinien möglichst nach der Schwangerschaft durchgeführt werden, um mögliche Tumorreste zu zerstören. Während dieser Zeit sollte nicht gestillt werden. Eine Systemtherapie und/oder Operation kann dagegen auch bereits während einer Schwangerschaft durchgeführt werden.

Eine Chemotherapie bedeutet nicht, dass eine Schwangerschaft abgebrochen werden muss: Nach dem ersten Trimester sind Chemotherapien mit Vorsicht möglich, ohne dass langfristige Folgen für das Kind zu befürchten sind, wie eine wissenschaftliche Untersuchung in Belgien gezeigt hat. Wenn die Schwangerschaft bereits weit fortgeschritten und das Kind reif genug zum Überleben ist, werden die Ärzte gemeinsam mit den Eltern überlegen, ob es sinnvoll ist, die Schwangerschaft unter Umständen vorzeitig zu beenden, bevor die Chemotherapie begonnen wird.

Stillen nach der Krebsbehandlung

Obwohl Krebsmedikamente nur in Spuren in die Muttermilch übergehen, rät Alexander Strauss, stellvertretender Direktor der Universitäts-Frauenklinik Kiel, vom gleichzeitigen Stillen während einer Systemtherapie im Wochenbett ab.

Sobald die Krebsbehandlung abgeschlossen ist, gilt Stillen als unbedenklich. So könne die Mutter je nach Einzelfall durchaus versuchen, während der Krebsbehandlung die Milch abzupumpen und zu verwerfen und anschließend das Stillen aufzunehmen. Das sei, so Strauss, in vielen Fällen anstrengend, weil das Kind das Trinken an der Brust nicht kennt oder verlernt hat. Doch es gebe trotz Operation, Bestrahlung und medikamentöser Behandlung keine ärztlichen Bedenken dagegen, wenn die Krebstherapie vier Wochen zuvor abgeschlossen sei.

"Dilemma"

Alexander Strauss spricht grundsätzlich von einem "Dilemma": "Wenn eine Mutter an Krebs erkrankt, so muss sie ihre Aufmerksamkeit auf sich selbst richten, auch wenn eigentlich das Baby ihre ganze Fürsorge braucht. Hier sind ihr Partner und ihr ganzes Umfeld gefragt, damit die Frau den notwendigen Freiraum bekommt, sich ganz um ihre Erkrankung und ihre Genesung zu kümmern, ohne dass das Baby darunter leidet. Auch medizinisch kann in der Planung der Behandlung nicht nach Schema vorgegangen werden, sondern die Ärzte müssen das Baby immer mit im Blick haben. Die schlechteste Lösung ist allerdings, die Behandlung auf später zu verschieben. Denn das kann die Mutter in große Gefahr bringen."

Denn je später die Krebserkrankung entdeckt und behandelt wird, umso schlechter stehen die Chancen, dass der Krebs erfolgreich therapiert werden kann. Umgekehrt besteht die Chance, dass eine Frau ihren Krebs vollständig besiegt, wenn sie sich trotz ihrer Schwangerschaft beziehungsweise trotz ihres Babys auf eine rasche und planvolle Behandlung einlässt. (re, derStandard.at, 21.8.2012)