Ursula Stenzel, Bezirksvorsteherin von Wiens Innerer Stadt, behauptete an dieser Stelle, für einen "Luxusradweg am Ring" sollten 91 Bäume gefällt werden. Das ist nachweislich falsch.

Worum geht's? Der bestehende Radweg an der Innenseite der Ringstraße ist der mit Abstand meistbefahrene Wiens. Um diesen zu entlasten, sind zusätzliche Innenstadtquerungen kurz vor der Eröffnung, außerdem wird auf der Außenseite des Rings ein zusätzlicher Radweg errichtet. Es ist uns Grünen dabei ein besonderes Anliegen, Bäume maximal zu schonen. Deswegen wird bloß ein Baum, noch dazu ein kleiner, kränkelnder im Schatten einer sehr schönen, großen Platane auf der Höhe des Kunsthistorischen Museums gefällt. Zwei weitere werden wenige Meter versetzt.

Bäume sind ausnehmend wichtig in der Stadt für die Luftqualität, deswegen werden in vielen neuen Stadtstraßen, die derzeit in Planung sind, selbstverständlich Alleen angelegt.

Aber Bäume sind Lebewesen, die ins Alter kommen. Es ist Aufgabe des Stadtgartenamtes, alte Bäume, rechtzeitig, bevor bei Stürmen morsche Äste oder gar Stämme Menschen erschlagen können, durch junge zu ersetzen.

Das geschieht in Wien seit Jahrzehnten. Wer die Ringstraße entlangflaniert, erkennt das. Hier stehen sehr große, alte Bäume neben vielen jüngeren. Das ist kein "Baummord", sondern vorsorgende Aufgabe der Stadt.

Anders sieht es mit den Parkplätzen aus: Im Unterschied zu Kopenhagen, München oder auch Berlin gibt es in Wien viele weitaus engere Straßen. Wenn wir den Radverkehr deutlich erhöhen möchten, muss mehr Platz geschaffen werden; will heißen, gelegentlich eine Spur weniger für den Autoverkehr oder eben Entfall von Parkplätzen.

Das hat bisher zu manchen Protesten geführt und wird es auch in Zukunft tun. Dabei muss es Kompromisse geben. Deswegen sind wir auch nicht dem Ratschlag von Radfahrorganisationen gefolgt, den gesamten neuen Ringradweg in der Nebenfahrbahn zu führen. Das hätte rund 400 Parkplätze gekostet, und auch etliche Standplätze von Reisebussen hätten weichen müssen.

Ja, auch dieser neue Radweg ist ein Kompromiss, und weitere werden folgen.

Mehr Fußgänger- und Radverkehr, noch bessere öffentliche Verkehrsmittel und deutlich weniger Autos in der Stadt: Das muss das Ziel sein, nimmt man den Ausstieg aus der Fossilwirtschaft sowie Klimaschutz ernst.

Womit wir beim absurden Radler-Bashing sind.

Jährlich sterben in Österreich rund 400 Menschen im Verkehrsgeschehen, Zehntausende werden teils schwer verletzt.

Radfahrer sind wie Fußgänger Opfer und nicht Täter dieses Geschehens, das hat schlicht physikalische Gründe. Warum gibt es zwar laute Proteste gegen Radler, die Verkehrsregeln nicht einhalten, wenn aber wie heuer wiederholt Autofahrer Kinder auf dem Zebrastreifen niedermähen, ist es höchstens eine kleine chronikale Meldung wert?

In aller Klarheit: In einer Stadt, die wir Schritt für Schritt in Wien realisieren wollen, gibt es weit weniger Verletzte und Tote als heute, einfach weil es weniger Autoverkehr gibt.

Schritt für Schritt: Es ist auch kein Naturgesetz, dass auf der Ringstraße dreispurig Autos fahren. Lange wird es nicht mehr dauern, bis es auch dort zu größeren Veränderungen kommt. (Christoph Chorherr, DER STANDARD, 22.8.2012)