Kairo - Nach der Verhängung von Untersuchungshaft gegen einen regierungskritischen Journalisten hat Ägyptens Präsident Mohammed Mursi für dessen Freilassung gesorgt. Mursi habe per Dekret angeordnet, dass für "Presse-Vergehen" keine U-Haft mehr verhängt werden dürfe, teilte Präsidentensprecher Yassir Ali am Donnerstag mit. Gegen den Journalisten war zuvor ein Prozess wegen mutmaßlicher "Anstiftung zum Chaos" eröffnet worden.

Mursi habe erstmals seit der Übernahme der gesetzgeberischen Vollmachten Mitte August ein solches Dekret erlassen, sagte der Präsidentensprecher. Der Chefredakteur der Zeitung "Al-Dostour", Islam Afifi, werde deshalb umgehend freikommen.

Afifi muss sich seit Donnerstag vor Gericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, "falsche Informationen" mit dem Ziel verbreitet zu haben, "die öffentliche Ordnung zu stören". Auch wird ihm "Anstiftung zum Chaos" zur Last gelegt. Afifi war zum Prozessauftakt in Untersuchungshaft genommen worden. Er müsse bis zur nächsten Anhörung am 16. September in Haft bleiben, ordnete der Richter des Tribunals in Kairo an.

Der Prozess gegen den Chefredakteur von "Al-Dostour" ist der erste gegen einen ägyptischen Journalisten seit dem Sturz von Ex-Präsident Hosni Mubarak. Afifi sagte der Nachrichtenagentur AFP vor Beginn der Verhandlung, der Prozess sei "politisch motiviert". Der Prozess gegen ihn werde "ein echter Test für eine der Hauptforderungen der ägyptischen Revolution, die Meinungsfreiheit".

Das Verhältnis zwischen Mursi und den nicht-staatlichen Medien des Landes ist von Misstrauen geprägt. Viele befürchten, dass die Muslimbrüder, aus deren Reihen Mursi hervorging, die Presse ähnlich stark zensieren könnten wie der 2011 gestürzte Mubarak. (APA, 23.8.2012)