Bild nicht mehr verfügbar.

Das giftige Rauchgas dringt durch Wände und Decken.

Foto: APA/Jörg Sarbach

Wenn es draußen heiß wird, setzt das nicht nur den Menschen, sondern auch defekten Gasthermen und Durchlauferhitzern zu. Es kann zu Abgasrückstauproblemen kommen. Dadurch steigt die Kohlenmonoxid-Konzentration in der Raumluft. Vergangenen Donnerstag sind in Wien zwei Personen einer Kohlenmonoxid-Vergiftung zum Opfer gefallen.

Was das giftige Rauchgas so gefährlich macht, sind seine Geruchs- und Farblosigkeit und seine Fähigkeit, durch Wände und Decken zu dringen. "Wir können es mit unseren Sinnesorganen nicht erfassen", sagt Christof Havel, Intensiv- und Notfallmediziner an der Universitätsklinik für Notfallmedizin im AKH Wien.

Unspezifische Symptomatik

Problematisch ist auch die unspezifische Symptomatik. Abhängig von der Dauer der Exposition leiden die Betroffenen bei einer akuten CO-Vergiftung unter Übelkeit, Unwohlsein, Kopfschmerzen, Schwindel, Zittrigkeit, Verwirrtheit bis hin zu Atemnot und Bewusstlosigkeit.

Grippeähnliche Symptome erschweren häufig die Diagnostik. "Werden mehrere Familienmitglieder mit Übelkeit ins Spital eingeliefert, sollte nicht nur an eine Lebensmittelvergiftung gedacht werden, sondern auch an eine CO-Intoxikation", so Havel. Mittels Blutabnahme kann der Kohlenmonoxid-Wert überprüft werden. Nichtinvasiv, sprich ohne Blutabnahme, lässt sich eine Vergiftung mit Hilfe eines speziellen Pulsoximeters nachweisen, der die Kohlenmonoxidsättigung (Carboxyhämoglobin, Anm.) im Blut anzeigt.

Okkulte CO-Vergiftung

Hochofen- und Gießereiarbeiter sowie Mitarbeiter in Betrieben mit stationären Verbrennungskraftmaschinen können ebenso eine chronische Kohlenmonoxidvergiftung entwickeln, genauso wie Menschen, die regelmäßig Tabak konsumieren. Häufig bleibt diese chronische Variante unentdeckt. In einer Untersuchung fand Havel heraus, dass die Anzahl okkulter, also unentdeckter CO-Vergiftungen doppelt so hoch ist wie in der Fachliteratur bisher angenommen.

Das birgt ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Betroffenen, denn auch bei geringer CO-Exposition ist langfristig mit gesundheitlichen Folgen zu rechnen. "Bei einer chronischen CO-Vergiftung kann es zu Schäden im gesamten Zentralnervenssystem und Herz-Kreislauf-System kommen", warnt der Wiener Internist.

Toxische Wirkung

Eingeatmetes Kohlenmonoxid gelangt über die Lunge rasch in den Blutkreislauf. Dort bindet sich das Gas an den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) und bildet das sogenannte Carboxyhämoglobin.

Kohlenmonoxid besitzt verglichen mit Sauerstoff eine wesentlich höhere Affinität zu Hämoglobin. Die Folgen für den Organismus sind fatal, da es bei einer schweren Vergiftung binnen kurzer Zeit zu einer massiven Sauerstoffunterversorgung kommt. Wird der Betroffene nicht innerhalb weniger Minuten behandelt, kann es zu irreversiblen Schäden bis hin zum Tod kommen.

Sauerstofftherapie

"Die einzige Therapie, die dem Patienten hilft, ist, ihm so rasch und so viel Sauerstoff wie möglich zu verabreichen", betont Havel. Im Regelfall werden die Betroffenen schon vor Einlieferung ins Spital mit der Zuführung von Sauerstoff durch Masken erstversorgt. "Patienten, die nicht mehr selbstständig atmen können, bekommen einen Beatmungsschlauch und werden maschinell beatmet", ergänzt der Experte.

Unter der Sauerstofftherapie senkt sich die Halbwertszeit von Kohlenmonoxid erheblich. "Von vier bis sechs Stunden auf 30 bis 40 Minuten", berichtet der Notfallmediziner. Die Patienten werden so lange stationär beobachtet, bis sich die Blutwerte normalisiert haben und sie beschwerdefrei sind, "das kann je nach Schwere der Vergiftung mehrere Stunden bis Tage dauern", so Havel.

Folgeschäden bei schweren Fällen

Leichte akute CO-Vergiftungen, die rasch diagnostiziert und behandelt werden, hinterlassen in aller Regel keine gesundheitlichen Folgen. Mit Folgeschäden ist nur zu rechnen, wenn die Intoxikation bereits zum Untergang zahlreicher Herz- und Gehirnzellen geführt hat. Bei Schäden des Herzmuskels erhöht sich die Rate der Langzeitsterblichkeit. Schäden im Zentralnervensystem äußern sich nach vier bis sechs Wochen mit Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen, Wesensveränderungen und Depressionen. "Diese Beschwerden scheinen nach sechs bis zwölf Monaten selbst zu sistieren", so Havel.

Nicht nur defekte Thermen

Experten empfehlen, defekte oder ältere Thermen regelmäßig warten zu lassen und insbesondere bei extremer Hitze Vorsicht walten zu lassen. Intensivmediziner Havel rät dazu, insbesondere an heißen Tagen die Therme bei Verdacht nicht in Betrieb zu nehmen und untertags nur bei geöffnetem Fenster oder aber kalt zu duschen. Den Zusammenhang von Außentemperatur und Häufigkeit von CO-Vergiftungen konnten er und sein Forschungsteam anhand einer aktuellen Studie bestätigen. "Wir haben die Daten noch nicht vollständig ausgewertet, aber da dürfte es eine Korrelation geben", so Havel.

Allerdings warnt er davor, nur in der Sommersaison Vorsicht walten zu lassen. So sind auch mit Beginn der Heizperiode vermehrt CO-Vergiftungen zu verzeichnen. Wenig bekannt ist, dass auch Tabakkonsum zu erhöhten CO-Werten im Blut führen kann. Besonders beim Rauchen einer Wasserpfeife nimmt der Körper aufgrund der längeren und tieferen Inhalationszeit gegenüber dem Zigarettenrauchen viel Kohlenmonoxid auf. Es habe bereits Fälle erlebt, bei denen Jugendliche nach dem Shisha-Rauchen im Bad bewusstlos umgefallen seien und sich erst in der Notfallklinik herausstellte, dass die Bewusstlosigkeit von einer CO-Vergiftung herrührte, berichtet Havel.

Ein anderer Fall ist dem Mediziner ebenfalls in Erinnerung geblieben. Ein Patient hat sich eine CO-Vergiftung zugezogen, weil er beim Ausmalen seiner Wohnung einen Gasgriller in den Räumlichkeiten aufgestellt hatte, damit die Farbe an den Wänden schneller trocknet.

CO-Warnmelder zur Prävention

Laut Inspektionsrauchfangkehrer Andreas Feiler von der Berufsfeuerwehr Wien wurden die Einsatzkräfte im vergangenen Jahr 104-mal wegen CO-Vergiftungen verständigt, davon haben sich 64 Fälle definitiv als CO-Vergiftung herausgestellt.

Die Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr und Berufsrettung in Wien sind mit CO-Warndetektoren ausgerüstet. Diese Warngeräte schlagen bei erhöhten Kohlenmonoxidwerten mit einem lauten Piepston an, was nicht nur die Einsatzkräfte vor einer CO-Intoxikation schützt, sondern auch die übrigen Hausbewohner, da Kohlenmonoxid durch Wände diffundieren kann. Die Anschaffung von CO-Warnmeldern wird von Experten auch im Haushaltsbereich empfohlen, denn der Sensor des Geräts warnt die Bewohner schon vor Erreichen gesundheitsschädigender CO-Konzentrationen. (Güler Alkan, derStandard.at, 26.8.2012)