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Mursi-Anhänger prügeln einen Gegner mit Gürteln.

Foto: Reuters/Dalsh

Kairo - Gleich an mehreren Orten in Kairo sind am Freitag hunderte Demonstranten zum ersten Protest gegen die Regierung der Muslimbrüder zusammengekommen. Die Sicherheitskräfte waren mit einem großen Aufgebot präsent. Anhänger des Militärs, Liberale und koptische Christen trugen Plakate mit Aufschriften wie "Muslimbrüder sind Lügner".

Aber auch Anhänger des Präsidenten waren in Gegendemons trationen auf der Straße. Auf dem Tahrir-Platz flogen Steine, es kam zu kleineren Handgemengen.

Seit Wochen hatte Ägypten auf den 24. August hingefiebert. Für diesen Freitag war der erste "Marsch der Millionen" gegen Präsident Mohammed Morsi und die Muslimbrüder angesagt. Seit dem Sturz von Hosni Mubarak im vergangenen Jahr gibt es eine scharfe Polarisierung zwischen den Anhängern eines politischen Islam und den rigorosen Verfechtern eines zivilen Staates.

Angst vor Machtmonopol

Mit der Amtsübernahme von Morsi ist bei der zweiten Gruppe die Angst vor einer Monopolisierung aller Institution durch die Islamisten noch gestiegen. Die Organisatoren des Protestes hatten deshalb zu einer "zweiten Revolution" aufgerufen, mit dem Ziel, die Muslimbrüder und ihre Partei aufzulösen, wie sich Mohammed Abu Hamed, einer der Hauptorganisatoren ausdrückte.

Die Polarisierung findet sich auch in den Medien wider. Mit Islam Afifi, dem Chefredakteur der unabhängigen Tageszeitung Al-Dustur, stand am Donnerstag einer der bissigsten Gegner der Islamisten wegen Verbreitung falscher Nachrichten und Anstiftung zu Unruhe vor Gericht. Er hatte Morsi vorgeworfen, Schlägertrupps eingesetzt zu haben.

Es war das erste Gerichtsverfahren gegen einen Journalisten seit dem Sturz Mubaraks und hatte Kritik auch aus Washington nach sich gezogen. Als das Gericht am Donnerstag weitere Präventivhaft anordnete, reagierte Morsi innerhalb von Stunden und machte zum ersten Mal von seinen gesetzgeberischen Befugnissen Gebrauch: Per Dekret verbot er präventive Haft für Journalisten, und Afifi kam sofort frei.

Die große Mehrheit der politischen Parteien, die koptische Kirche und die Revolutionsgruppierungen distanzierten sich schließlich von den Protesten. Die Demonstranten beschränkten sich so auf den harten Kern der Gegner der Muslimbrüder. Sie betonten zwar ihre Gewaltfreiheit, räumten aber ein, das Datum für die Kundgebung in Erinnerung an Brandanschläge auf Büros der Muslimbrüder in den 1950er-Jahren gewählt zu haben. (afr/DER STANDARD, 25.8.2012)