"Schau in die Krone", und Du kannst sicher sein, dass darin gerade irgendein Problemfall heroisiert wird. Die Neigung des Blattes, auf falsche Fuffziger zu setzen, hat in der jahrzehntelang gelieferten Kontinuität fast schon etwas Rührendes. Vielleicht will man der Welt damit sagen: Wer so schlechte Menschenkenntnis aufweist wie der Herausgeber, kann nur ein reiner Tor, also kein schlechter Mensch sein. Da "Krone"-Leser alles glauben, was redaktionell vorgekaut wird, kam es kürzlich zu einem neuerlichen Versuch. "Frank Stronach bei Conny Bischofberger". Versprochen wurde ein Interview: "Der 79-jährige Milliardär nimmt zu den Vorwürfen Stellung und legt seine Steuern offen."

Letzteres haben natürlich nicht einmal die "Krone"-Leser geglaubt, und sie wurden nicht enttäuscht. Dabei half die Interviewerin nach Kräften. "Wie viel Steuer zahlen Sie in Österreich? Gemeint ist Einkommenssteuer, nicht die Mehrwertsteuer Ihres Mineralwassers." Die Begrenzung auf Österreich und der Ausschluss des Mineralwassers machte es Stronach leicht, sein Steuerzahlerherz bis zur Neige auszuschütten. "Ich glaube, es sind um die zwei Millionen. Genau wissen das meine Leute im Finanzbereich." Das war's auch schon, und auch Frau Bischofberger war zufrieden.

Gern hätte man gelesen, wie Stronach "zu den Vorwürfen Stellung nimmt", doch leider wurde kein einziger vorgetragen. Nicht einer, was den "Milliardär" jeglicher Möglichkeit zu einer Stellungnahme dazu beraubte. Er konnte das aber geistesgegenwärtig mit dem Satz ausgleichen: "Ich bin anerkannt in der Welt als eine der führenden Wirtschaftspersönlichkeiten. Nur in Österreich will man mich schlecht machen". Was er vermisst, ist schlicht Anbetung. Nicht in der "Krone", dort ist sie blind, aber "immer wenn ich zum ORF gekommen bin, gab es eine negative Einleitung".

Das Mitgefühl der Interviewerin blieb nicht aus. "Tut es Ihnen im Nachhinein leid, dass Ihnen bei Ihrem "ZiB"-Auftritt der Kragen geplatzt ist?" Eine heikle Frage, aber nicht für einen Humanisten wie Stronach. "Nein, doch nicht wegen eines Schulmädchens, sie hat mir leid getan." In der rauen Schale der "führenden Wirtschaftspersönlichkeit" ruht also doch ein weicher Kern, aber kein batzweicher: "Sie kann beleidigt sein."

Leider ist es nicht nur das "Schulmädchen" im ORF. "Negative Einleitung" bot auch "News" mit dem Cover "Vom Strohsack zum Giersack", allerdings erst ein paar Tage später, weshalb dem Verkannten das Magazin im "Krone" -Interview noch nicht "leid" tun konnte. Und dann erst der Neid der Gleichgesinnten! "Des Scientologen neue Kleider" - unter diesem Titel mühte sich die Redaktion von "Zur Zeit", zur Person Stronach auf Distanz zu gehen, ohne den Kontakt zu seinen Ideen gänzlich preiszugeben.

"Daß Stronach keine ganz weiße Weste hat, was die österreichische Innenpolitik betrifft, sei an dieser Stelle auch erwähnt: Neben Peter Westenthaler, der lange Zeit für ihn tätig war, hat er auch Karl-Heinz Grasser immer unterstützt und auch längere Zeit in seinem Unternehmen beschäftigt. Als problematisch sehen Kritiker auch seine Zugehörigkeit zu Scientology. Die Sekte gilt als machthungrig und immer darauf bedacht, entsprechenden Einfluß auf Wirtschaft und Politik zu haben." Was könnte Österreich Besseres widerfahren als ein operierender Thetan im Nationalrat? Endlich tut einer was. Aber obacht: "Potentielle Wähler könnten im Falle eines Kreuzchens für den vermeintlichen Systemkritiker Frank Stronach also die Katze im Sack kaufen."

Zum Glück gibt es noch andere Blätter. Die der Styria etwa. Dort wurde neulich gehobelt, und als Span ist "Presse"-Chefredakteur Michael Fleischhacker gefallen. Worauf "Falter"-Chef Armin Thurnher sich den Wunsch erfüllte, diesem unter dem inquisitorischen Titel "Bereuen Sie, Herr Fleischhacker?" die Absolution per Interview zu erteilen. Fleischhacker gab einige Sünden zu, seine Reumütigkeit hielt sich aber erwartungsgemäß in Grenzen. So antwortete er auf Thurnhers Frage "Sind Sie eitel?" knapp: "Nur körperlich". Da hatte er sich zuvor schon mit der Antwort auf die Frage "Sehen Sie sich als Aufklärer?" Lügen gestraft: "In meinem Selbstverständnis schon." Daraufhin ging es im Schweinsgalopp durch die Philosophie der Aufklärung, wobei beider Egos einander nichts schuldig blieben. Eine Kolumne in der "Presse" nicht anzunehmen, "würde mich wundern", so Fleischhacker. Eine Beratung Stronachs würde er überlegen. Doch das wollte Thurnher gar nicht wissen. (Günter Traxler, DER STANDARD, 25./26.8.2012)

Der Standard, Samstag 25. August 2012, Seite 34 (Kommunikation) Scientologe auch noch!