Wie dem STANDARD zu entnehmen war, hat die KommAustria die Beschwerde Bacher/Heller/Huemer wegen Verletzung des ORF-Gesetzes abgewiesen. Das kam nicht überraschend.

In der Verhandlung am 10. Juli gab es eine Schlüsselszene: Der Zeuge Josef Cap wurde einvernommen, doch das Wort "Freundeskreise" spielte dabei keine Rolle. Daraufhin verlor ich die Geduld, unterbrach den Vorsitzenden und fragte Cap direkt, ob ihm die Existenz von Freundeskreisen im Stiftungsrat des ORF bekannt sei, ob er das Wort überhaupt schon einmal gehört habe. Allgemeine Heiterkeit. Cap, unter Wahrheitspflicht stehend, beantwortete meine Frage nicht, weil er offensichtlich über die Funktion von Freundeskreisen im Stiftungsrat nicht reden wollte - obwohl genau das, das Verhalten dieser Freundeskreise, im Zentrum unserer Beschwerde stand. Der Vorsitzende hat daraufhin eine andere Frage gestellt, die Freundeskreise kamen in der weiteren Einvernahme nicht mehr vor. In diesem Augenblick wusste ich: Hier wirst du nicht gewinnen.

Die Vorgeschichte: Während ein Sturm der Entrüstung und vor allem der wütende Widerstand der Redakteure Generaldirektor Wrabetz daran hinderte, den Leiter des sozialdemokratischen Freundeskreises zu seinem Büroleiter zu machen, überlegten Gerd Bacher, André Heller und ich eine Popularbeschwerde, gestützt auf die Teilnahme von mindestens 120 Gebührenzahlern, in der es um die für uns offensichtliche Abhängigkeit der beiden Freundeskreise von den Regierungsparteien SPÖ respektive ÖVP ging.

Niko Pelinka kam in unserer Beschwerde deswegen vor, weil er die Unvorsichtigkeit begangen hatte, die sozialdemokratischen Stiftungsräte "zu einer fraktionellen Besprechung im Klubvorstandszimmer der SPÖ im Parlament" für 13. Jänner 2012 einzuladen und Laura Rudas und Josef Cap dazu. Dort sollte "die weitere Zusammenarbeit im Freundeskreis besprochen" werden. Als der Kurier diesen Sachverhalt aufdeckte, wurde Laura Rudas wieder ausgeladen und die Sitzung aus dem SPÖ-Klub an einen neutralen Ort verlegt. Dort hat Josef Cap die Stiftungsräte seiner Fraktion über den Fall Pelinka "informiert". Mehr nicht. Alles ganz harmlos. Doch für einen kurzen Augenblick war der tatsächliche Zusammenhang zwischen Stiftungsrat und Partei aufgeblitzt und versank dann wieder im Nebel freundlicher Rhetorik.

Während der Verhandlung am 10. Juli ließen einige Stiftungsräte durch ihren Anwalt mitteilen, sie seien gekränkt durch die Unterstellung der Beschwerdeführer, zwischen ihrem Verhalten im Stiftungsrat und den Interessen ihrer Partei bestehe ein Zusammenhang.

Das mag für Außenstehende merkwürdig klingen. Aber es ist ja nicht auszuschließen, dass es Stiftungsräte gibt, die zufällig immer das denken, was ihre Partei auch denkt. Die brauchen dann auch keine Anweisungen. Was allerdings auffällt, ist das im Regelfall geschlossene Abstimmungsverhalten der Fraktionen. Da kommt ganz naiv der Gedanke auf: Das kann kein Zufall sein.

Die Klauen der Parteipolitik

Entscheidend ist jedoch, dass die KommAustria die Existenz von parteipolitischen Fraktionen im Stiftungsrat, genannt "Freundeskreise", die ihr Abstimmungsverhalten absprechen, für unbedenklich hält. Damit entfällt jede Chance, dem Stiftungsrat gesetzwidriges parteipolitisches Verhalten nachzuweisen, solange es nicht die rauchende Pistole in Form einer schriftlichen Anweisung aus der Parteizentrale gibt. Und die wird es nie geben. Es ist daher sinnlos, den ORF auf dem Rechtsweg aus den Klauen der Parteipolitik befreien zu wollen.

Andere Rechtsmeinungen haben keine Chance. Prof. Walter Berka von der Universität Salzburg, Kapazität im Medienrecht, hat darauf hingewiesen, dass nicht einmal die tatsächliche Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausreicht. Diese müsse nach außen so deutlich sichtbar sein, dass jeder Zweifel an der Unabhängigkeit des Mediums vermieden werde.

Ein hoher Anspruch. Es gab zwar nach dem Abgang von Lindner/Mück 2006 einen Quantensprung in der Unabhängigkeit der politischen Berichterstattung, der von fast allen Redakteuren bestätigt wird. Aber das ist zu wenig für die Glaubwürdigkeit des ORF - sein kostbarstes Gut. So bleibt das Problem, wie es ist, solange der Stiftungsrat mit seinen Freundeskreisen bleibt, wie er ist. (Peter Huemer, DER STANDARD, 27.8.2012)