Der beschauliche Mont Pèlerin, nördlich des Genfer Sees gelegen, war kein typischer Ort für eine Revolution. Doch dort trafen sich vor 55 Jahren Ökonomen und Philosophen, angefangen vom Gastgeber Friedrich August von Hayek, der später den Wirtschaftsnobelpreis erhielt, über den deutschen Ökonomen Walter Eucken bis zum US-Amerikaner Milton Friedman. Sie gründeten die Mont Pèlerin Society und wollten eine wirtschaftsliberale Revolution in Gang setzen, die die Rolle des Staates in der Wirtschaft begrenzen sollte. Die liberale Denkfabrik veranstaltet alle zwei Jahre eine große Tagung - kommende Woche in Prag.

In den USA haben Denkfabriken die Konferenzhotels verlassen und sich auf die Organisation von "grass roots"-Bewegungen konzentriert. Eine davon ist Freedom Works, dessen Vorsitzender Dick Armey acht Jahre lang der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus war. Freedom Works bündelt die Kräfte der Tea Party, organisiert Events und greift laut eigenen Angaben auf einige hunderttausend Freiwillige zurück.

"Freedom Works ist die treibende Kraft der Tea Party", weiß Barbara Kolm, Leiterin des heimischen Hayek-Instituts. Sie selbst war vor kurzem auf Einladung der Institution in den USA. Denn Freedom Works hat sich Hayek als politischen Guru auserkoren. Das kommt nicht von ungefähr. An der Spitze von Freedom Works steht Matt Kibbe. Der studierte Ökonom kommt aus dem Elfenbeinturm der Österreichischen Schule in den USA, der George Mason University. Dass die Universität zu Einfluss in der Politikdebatte gekommen ist, hat mehrere Gründe: So forschen und lehren zwei Nobelpreisträger an der GMU (Vernon Smith und James Buchanan).

Einige GMU-Professoren nutzen zudem die modernen Medien effektiv. Ökonomieprofessor Russell Roberts etwa ist mitverantwortlich für zwei Youtube-Videos zum "Fight of the Century". Dieser "Kampf des Jahrhunderts", inszeniert als Rap-Duell, ist eine Neuauflage des Konflikts zwischen Friedrich Hayek und dem Briten John Maynard Keynes an der London School of Economics in der Großen Depression der 1930er-Jahre. Sie stritten sich um die Gründe für und die Auswege aus der schweren Wirtschaftskrise. Keynes forderte mehr Stimulus von Notenbanken und der Fiskalpolitik, Hayek lehnte dies ab.

Dieses an sich trockene Thema ist, von Professor Roberts als Rap-Version umgesetzt, zu einem Hit im Internet geworden, mit mehr als fünf Millionen Klicks allein auf Youtube. Tyler Cowen, ebenso GMU-Professor, betreibt einen der meistgelesenen Wirtschafts-Blogs, MarginalRevolution.com.

Denkfabriken in Europa

In Europa sind die Ideen österreichischer Ökonomen in Denkfabriken verankert. Außerhalb der Schweiz ist etwa das britische Institute for Economic Affairs eng mit Hayek verbunden. In Deutschland gibt es neben der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung eine Hayek-Gesellschaft. In Osteuropa haben österreichische Ideen ebenso den Weg in die Politik gefunden. So sitzt mit Freiheit und Solidarität (SaS) eine Partei seit 2010 im slowakischen Parlament, die sich als "Verteidiger der österreichischen Schule" versteht. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 28.8.2012)