München - Im Konflikt um die Vergabe eines lukrativen U-Bahn-Auftrags im französischen Lille, ausgelöst durch einen Brief der aus Österreich stammenden Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer, holt der deutsche Konzern zum juristischen Gegenschlag aus. Siemens habe die Stadt verklagt, sagte ein Unternehmenssprecher am Dienstag. Siemens war bei der Ausschreibung dem lokalen Rivalen Alstom unterlegen.

Ederer hatte den Politikern vor Ort einen möglichen Stellenabbau in Frankreich in Aussicht gestellt. Lilles Bürgermeisterin Martine Aubry sah sich dadurch erpresst und schwärzte den Dax-Konzern bei der Staatsanwaltschaft an. Die Münchner haben nun in der vergangenen Woche Klage beim Verwaltungsgericht Lille eingereicht, weil sie Kungelei wittern. "Wir lassen den Vergabeprozess gerichtlich überprüfen, um ein faires und transparentes Verfahren sicherzustellen", sagte der Sprecher.

Schwerer Stand in Frankreich

Siemens hat traditionell im Bahngeschäft in Frankreich einen schweren Stand. Lange lieferte sich Alstom mit den Münchnern einen Rechtsstreit, nachdem Siemens den prestigeträchtigen Auftrag für neue Züge im Tunnel unter dem Ärmelkanal gewonnen hatte. Die Staatsbahn SNCF kauft indes ihre Züge üblicherweise im Heimatland, Zugaufträge für ausländische Hersteller sind rar.

Siemens steht derzeit geschäftlich unter Druck: Die beginnende Konjunkturflaute macht dem Unternehmen zu schaffen. Der Auftragseingang sackte im dritten Geschäftsquartal um ein Drittel auf 17,8 Mrd. Euro ab. Das Management hat ein Sparprogramm angekündigt und beginnt in einzelnen Sparten bereits mit einem Stellenabbau. Im Geschäft mit Windkraftgetrieben streicht Siemens nach eigenen Angaben über die kommenden vier Geschäftsjahre 500 Stellen an sechs deutschen Standorten. Windturbinen werden verstärkt getriebelos gebaut, die Nachfrageschwäche in dem Segment will der Konzern langfristig mit Getrieben für andere Industriezweige wettmachen. (APA/Reuters, 28.8.2012)