Wien - Bis zur vollständigen Umsetzung einer Studienplatzfinanzierung an den Universitäten ist es offenbar noch ein weiter Weg. Realistischerweise sei mit einem Vollausbau der neuen Uni-Finanzierung erst in der Leistungsvereinbarungsperiode 2022 bis 2024 zu rechnen, hieß es am Dienstag aus dem Wissenschaftsministerium. Nach dem derzeitigen Rechenmodell, das von Ministerium und Uni-Rektoren ausgearbeitet wurde und das der APA vorliegt, wären dafür jährlich 1,2 Milliarden Euro mehr für die Unis nötig - wobei sich diese Zahlen je nach politischen Entscheidungen ändern.

Drei Säulen

Insgesamt sollen die Unis künftig über drei Säulen finanziert werden: Lehre, Forschung und Infrastruktur, wobei sich letztere Säule nochmals in Forschungs- und Bauinfrastruktur teilt. Kernelement ist dabei die Finanzierung der Lehre: Die Unis erhalten für eine bestimmte Anzahl an Studienplätzen je nach Fächergruppe Geld. Im derzeitigen Rechenmodell des Ministeriums wird die Zahl der Studienplätze mit der Zahl der prüfungsaktiven Studenten festgelegt - das sind jene Studierenden, die pro Jahr Prüfungsleistungen im Umfang von 16 ECTS-Punkten absolvieren. Das sind im Moment rund 200.000 der 300.000 Studenten.

Unterschiedliche "Preise" für verschiedene Studien

Diese Zahl wird je nach inskribierter Studienrichtung mit einem "Preis", der je nach Kostenintensität des Studiums variiert, von sieben Fächergruppen multipliziert. Gruppe eins umfasst dabei sämtliche "Buchwissenschaften" (z. B. Jus, Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften), diese bringen der Uni am wenigsten Geld. Gruppe zwei umfasst die weniger betreuungsintensiven Fächer aus dem sogenannten "MINT"-Bereich (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sowie sozial- und geisteswissenschaftliche Studien mit höherem Betreuungsbedarf, Gruppe drei die betreuungsintensiven MINT-Fächer. Gruppe vier sind die Human- und Zahnmedizin, Gruppe fünf die Veterinärmedizin und Gruppe sechs Studien aus dem Bereich der bildenden/gestaltenden Künste und Architektur an den Kunstunis. Am meisten Geld gibt es für Studien aus dem Bereich der Musik und darstellenden Kunst (Gruppe sieben).

Politische Entscheidung

Mit diesem System kann dann errechnet werden, wie viel ein Studienplatz in einer bestimmten Fächergruppe "kostet". Für das derzeitige Modell wurden dann als Ideal-Betreuungsrelation für die einzelnen Fächergruppen jene Zielgrößen herangezogen, die in Deutschland und der Schweiz angestrebt werden - etwa in Wirtschaftswissenschaften ein Habilitierter für 40 Studenten, heißt es in dem Rechenmodell. Welche Relation schließlich tatsächlich festgeschrieben wird, sei aber dann eine politische Entscheidung mit den entsprechenden budgetären Konsequenzen.

"Dann muss ich entscheiden, will ich eins zu 40 oder weiter Hausnummer eins zu 200 oder irgendetwas dazwischen. Im Schulbereich hat sich nach Jahrzehnten die Zielgröße 1:25 für die Klassengröße etabliert, weil eben die Politik entschieden hat, das soll der Standard sein", so ein Experte des Ministeriums.

Zu wenig Professoren

Klar ist im Wissenschaftsministerium aber, dass sämtliche Zielgrößen erst im Laufe mehrerer dreijähriger Leistungsvereinbarungsperioden erreicht werden können. Wenn man an der Wirtschaftsuniversität (WU) von einem Betreuungsverhältnis von eins zu 200 auf eins zu 40 kommen wolle, gehe das nicht von heute auf morgen. So viele Professoren seien gar nicht am Markt.

Zielvorstellung ist daher derzeit, dass in der kommenden Leistungsvereinbarungsperiode 2013 bis 2015 schrittweise erste Grundsätze der Studienplatzfinanzierung bei der Uni-Finanzierung herangezogen werden, die weiteren Umsetzungsschritte werden in den folgenden Leistungsvereinbarungsperioden gesetzt.

Gesamtzahl an Studierenden soll sich nicht ändern

Kapazitätsgrößen seien dem System logischerweise immanent, heißt es aus dem Ministerium. Die nähere Umsetzung ist Gegenstand der Verhandlungen zwischen Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. Bekannt ist jedenfalls, dass die Gesamtzahl der Studenten nicht sinken soll. Konsequenz: Das Modell werde nur funktionieren, wenn es mehr Geld gebe. Das Rechenmodell wurde erstellt, bevor die sogenannte "Hochschulmilliarde" zugesagt wurde.

Schwerpunkte möglich

Die Universitäten würden im Falle einer Studienplatzfinanzierung ein Gesamtbudget erhalten (dzt. "Globalbudget"), das sie im Rahmen der jeweiligen sieben Fächerbereiche autonom einsetzen können. Interne Verteilungsdetails werden in den Leistungsvereinbarungen festgelegt, zum Teil haben die Unis aber auch einen autonomen Gestaltungsspielraum zur Schwerpunktsetzung. Konsequenzen hätte das neue Modell für die prozentuelle Verteilung der Mittel auf die einzelnen Unis. Da Kunst- und Medizinunis mit ihren Zugangsbeschränkungen bereits an den vorgegebenen internationalen "Idealzahlen" kratzen, würde sich für sie an bestehenden Rahmenbedingungen nicht viel verändern.

Die Mittel für die zweite Säule (Forschung) werden dann anhand eines Prozentsatzes für die einzelnen Fächergruppen vergeben. Über alle Fächergruppen gerechnet sollen demnach 46 Prozent der Mittel pro Studienplatz in die Forschung fließen und 54 Prozent in die Lehre. Die Finanzierung der Infrastruktur erfolgt anhand der jeweiligen Notwendigkeiten. (APA, 28.8.2012)