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Alberto Barbera setzt auf Konzentration - und Namen.

Foto: apa/La Biennale di Venezia

Venedig - Alberto Barbera, der erst zum Jahreswechsel bestellte neue Leiter, hat schon vor Beginn des Filmfestivals in Venedig etliche Leute damit glücklich gemacht, dass sein Einstandsprogramm zwei der sehnlichst erwarteten US-Produktionen dieses Jahres enthält: Paul Thomas Andersons Drama "The Master", das einen verlorenen Weltkriegsveteranen schicksalhaft mit einem charismatischen Religionsgründer zusammenführt (und wegen Parallelen zur Scientology-Geschichte bereits im Vorfeld für Diskussionen sorgt). Und "To the Wonder", das jüngste Werk des derzeit außerordentlich produktiven Filmeremiten Terrence Malick ("Tree of Life"), welches die Vielfalt der Liebe erforscht.

Auch Ulrich Seidls "Paradies"-Trilogie wird im Wettbewerb der Filmfestspiele fortgesetzt. Der zweite Teil, "Paradies: Glaube", folgt einer Marienverehrerin (Maria Hofstätter) bei ihren Missionierungsversuchen und im häuslichen Glaubenskleinkrieg mit ihrem unerwartet heimgekehrten muslimischen Ehemann. Weitere Anwärter auf Gold- oder Silberlöwen kommen in diesem Jahr unter anderem von Olivier Assayas, Marco Bellocchio, Brian De Palma, Takeshi Kitano, Harmony Korine und Brillante Mendoza.

Die 69. Ausgabe der "Mostra Internazionale d'Arte Cinematografica" wird mit Barbera von einem neuen Direktor verantwortet, der bereits Venedig-Erfahrung mitbringt: Der 62-Jährige war von 1998 bis 2002 schon einmal Festivalleiter am Lido.

Nun folgt er Marco Müller nach, der zum jungen Konkurrenzfestival in Rom gewechselt ist. Die erste merkliche Veränderung Barberas ist eine Reduktion der Filme, am deutlichsten in der Sektion "Orizzonti", die "neue Strömungen des Weltkinos" verzeichnet - dort laufen um rund die Hälfte weniger Beiträge als in den Vorjahren, man hat vor allem auf die kurzen, experimentellen Formen und auf dokumentarische Arbeiten verzichtet. Der neue Direktor will außerdem einen Filmmarkt etablieren. In den immer noch prestigeträchtigen Wettbewerb hat er heuer 18 Filme geladen.

Der Jury unter Vorsitz von US-Regisseur Michael Mann gehören die Schauspielerin Laetitia Casta, die Filmemacher Ursula Meier, Matteo Garrone, Ari Folman und Pablo Trapero sowie der Produzent Peter Ho-Sun Chan an. Die Preise werden am 8. September vergeben. Erst wird aber einmal eröffnet, und zwar am Mittwochabend mit dem Post-9/11-Gesellschaftsdrama "The Reluctant Fundamentalist", dem jüngsten Werk der Goldener-Löwe-Gewinnerin 2001, Mira Nair. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 29.8.2012)