Wien - Banker Julius Meinl schießt sich wegen der seit Jahren laufenden strafrechtlichen Ermittlungen in Österreich gegen ihn erneut auf die heimische Justiz ein. Nun hat einer seiner britischen Rechtsvertreter, der langjährige britische Generalstaatsanwalt Lord Peter Goldsmith, sogar das britische Außenministerium eingeschaltet. In einem Brief an Minister William Hague beschwert sich Goldsmith über die "harsche und unfaire Behandlung" Meinls durch die österreichischen Behörden, die auch mit Meinls Nationalität - er ist Brite - und seinem jüdischen Familienhintergrund zu tun habe. Goldsmith bittet das Ministerium um ein Einschreiten. "Die österreichische Justiz führt Ermittlungsverfahren entsprechend den geltenden Gesetzen, kontert hingegen das Ministerium.

Hohe Kaution kritisiert

Im Zuge von strafrechtlichen Ermittlungen gegen mehrere Verdächtige sei Julius Meinl im Jahr 2009 - als einzige Person - hinter Gitter gekommen. Die Behörden hätten die Haft insbesondere damit begründet, dass er britischer Staatsbürger sei, deshalb habe er eine "noch nie da gewesene" Kautionssumme in Höhe von 100 Mio. Euro in bar hinterlegen müssen, schildert Goldsmith in dem Schreiben, das mit 14. Juli 2012 datiert ist.

Die Behandlung Meinls verletze fundamentale Rechte ("natural justice"), schreibt der Jurist. Es sei schon gerichtlich festgestellt, dass die lange Verfahrensdauer einen Verstoß gegen wesentliche Grundrechte darstelle - "und trotzdem ziehen sich die Ermittlungen weiter in die Länge".

Staatsanwaltschaft sieht Intervention

Die Wiener Staatsanwaltschaft will die "Intervention" von Banker Julius Meinl beim britischen Außenministerium am Mittwoch nicht kommentieren. "Ich sehe kein Relevanz für unser Ermittlungsverfahren", sagte Behördensprecher Thomas Vecsey auf Anfrage. Aus dem Justizministerium hieß es nur knapp: "Die österreichische Justiz führt Ermittlungsverfahren entsprechend den geltenden Gesetzen und ohne Ansehen der beteiligten Personen oder deren ethnischer Herkunft."

"Vor Familienhintergrund zu sehen"

Bedeutung gewinne der Fall nicht nur durch Meinls Nationalität, heißt es in dem Brief an den britischen Minister. "Es besteht der starke Verdacht, dass die Behörden auf öffentlichen Druck aus bestimmten Bereichen reagiert haben, was wiederum vor Meinls jüdischem Familienhintergrund zu sehen ist."

Schon zuvor habe man das britische Außenministerium um Hilfe gebeten, die auch zugesagt worden sei. Meinl sei dafür dankbar, dennoch habe sich an seiner Situation nichts verbessert. "Ich schreibe jetzt, um um eine weitere Intervention zu bitten", so Goldsmith. Es sei nun an der Zeit, die Causa bei den österreichischen Behörden anzusprechen und darauf zu drängen, "dass Meinl nach internationalen und europäischen Standards behandelt wird und die Ermittlungen beendet werden".

Julius Meinl und die Meinl Bank haben sich im Juli bereits beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beschwert, auch da wurden die lange Verfahrensdauer, die noch immer nicht rückerstattete Rekordkaution sowie die Beschlagnahme von Bankkorrespondenz ins Treffen geführt. Das Geldhaus reitet seit Jahren juristische und verbale Attacken gegen die Wiener Staatsanwaltschaft, die gegen Julius Meinl und andere (ehemalige) Meinl-Manager wegen Betrugs- und Untreueverdachts im Zusammenhang mit der ehemaligen Meinl European Land (MEL) ermittelt. An der Zivilrechtsfront war die Meinl Bank mit tausenden Anlegerklagen konfrontiert, einen Großteil davon hat sie sich mittlerweile via Vergleiche vom Hals geschafft. Die Rechtsstreitigkeiten haben auf Bankseite bereits 60 Mio. Euro verschlungen. (APA, 29.8.2012)