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EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso mit Österreichs Kanzler Werner Faymann in Alpbach.

Foto: APA/Mühlanger

Alpbach - EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat am Donnerstag in Alpbach vor der sozialen Dimension der Krise in Europa gewarnt. Vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Euro-Mitgliedsländern birgt seiner Meinung nach die Gefahr eines sozialen Notstands. Damit drohe in den betroffenen Ländern eine Kluft zwischen den Politikern und ihrer Bevölkerung.

Barroso appellierte, für Europas Sozialmodell kämpfen. Die jetzige Krise unterscheide sich von früheren durch das weitaus höhere Maß an Verflechtung und Integration in Europa, die EU könne ein Schutzschild gegen Stürme sein. Alle bisherigen Entscheidungen auf EU-Ebene liefen darauf hinaus, die Integration zu vertiefen und nicht zu schwächen. Barroso drängte auf eine weitere Integration. Das sei keine Frage von Ideologien, sondern von systemischen Erfordernissen. Europa werde die Krise überwinden, indem es gestärkt werde.

Barroso will am 12. September Richtlinienentwürfe für eine "Bankenunion" vorlegen, die als Kern auch eine neue einheitliche Bankenaufsicht enthält. Dabei will er keine Zeit verlieren. Die Vergangenheit habe gezeigt, wie schnell die Fehler in einem Land auf andere übergreifen könnten. Die verstärkte fiskalpolitische und wirtschaftliche Integration werde ihre Zeit brauchen, die Bankenunion hingegen sieht der Kommissionspräsident als Gebot der Stunde. Damit solle das Vertrauen wieder gestärkt werden.

Faymann warnt vor Euro-Aus

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) warnte indes vor den schweren Folgen eines Aufbrechens der Eurozone: Eine solcher Vorgang würde Österreich im ersten Jahr elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) oder 32 Milliarden Euro kosten. Es würde fünf Jahre dauern, bis sich das Land erholen könne, die Arbeitslosigkeit würde um 3,3 Prozentpunkte oder 140.000 Jobs steigen. "Wir können uns die sozialen und politischen Kosten eines solchen Szenarios nicht vorstellen", sagte Faymann unter Hinweis auf ein vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) erstelltes Szenario.

Kämen spekulative Angriffe auf die Währung hinzu, würde sich die Situation noch verschlimmern, ein Ansteigen einer Folgewährung würde die eine Million Jobs im Export gefährden."Daher müssen wir in dieser Diskussion konstruktiv und nicht destruktiv sein", sagte Faymann.

Am Weg zum Gipfel

Der Kanzler verglich am Donnerstag die gegenwärtigen Schwierigkeiten in Europa mit einer Seilschaft von Bergsteigern, die zusammen und nicht nur zum Teil den Berggipfel erreichen wolle. Faymann forderte die Einführung der Finanztransaktionssteuer, eine Bankenunion und ein gemeinsames Schuldenmanagement in der Eurozone, was aber strenge gemeinsame Budgetregeln erfordere. Der Kanzler sprach nach Barroso und antwortete wie dieser auf zwei Fragen aus dem berstend vollen Veranstaltungssaal. (APA, 30.8.2012)