Parteien notieren nicht an den Börsen, sie haben den Staaten gegenüber, die sie in Zeiten wie diesen mehr oder weniger schlecht regieren, den Vorteil, dass sie nicht permanent von Ratingagenturen bewertet werden. Auf die Selbstbewertung der Politiker angewiesen, fühlen die Wählerinnen und Wähler den Mangel an seriösen Bewertungskriterien als zunehmend schmerzlich, was immer mehr von ihnen in die Abkehr von der Politik treibt. So kann Demokratie auf Dauer nicht funktionieren! Nicht genug ist daher der Revolutionär Frank Stronach zu preisen, der versucht, diese Lücke im politischen Wertesystem zu schließen und die Notierung von Parteien auf eine glaubwürdige materielle Grundlage zu stellen.

Anfangs fast schüchtern, weil er sich des Widerstands der etablierten Parteien bewusst war, wagte er sich schließlich doch auf die Barrikaden - und schon wissen wir, was wenigstens eine Partei, das BZÖ, im Februar wert war: eine halbe Million Euro. Und das war nur als Anzahlung gedacht. Als Mann, der die Wirtschaft im kleinen Finger hat, wird Stronach sicher nicht mehr geboten haben, als das BZÖ damals wog, und sollte es inzwischen im Kurs gesunken sein, dann nicht, weil er sich irrte, sondern weil der damalige CEO die Zeichen der Zeit nicht verstand. In leichter Selbstüberschätzung bezog Josef Bucher die Summe auf den Wert seiner Person und wähnte, Stronach habe dafür nur ihn "aus dem BZÖ herausschälen" wollen. Das Geschäft platzte, weil Frank sein Geld nicht schon wieder zum Fenster hinauswerfen wollte und beim Shoppen zunächst an eine ganze Partei gedacht hatte. En gros gewissermaßen.

Als moderner Unternehmer ließ er sich aber nicht von seinem Ziel abbringen, er stellte lediglich auf en detail um, was ihm die Ausweitung des Geschäftsfeldes ermöglichte. Im Folgenden schälte er nicht nur aus dem BZÖ, sondern auch aus der Kärntner SP, und wer weiß, wo er noch das Schälmesser ansetzen wird: Er hat - ein Gebot der Zeit - diversifiziert. Und um den Markt nicht zu ruinieren, nennt er seither bei seinen Akquisitionen keine exakten Summen mehr, sondern spricht nur noch vage von individuell anfallenden Schälgebühren.

Hat sich aus der früheren Bewertung des BZÖ auch so etwas wie eine unfreundliche Übernahme entwickelt, soll der positive Grundgedanke nicht unter den Tisch gekehrt werden. Den Februar-Wert des BZÖ zugrunde gelegt, kann sich heute jede Staatsbürgerin, jeder Staatsbürger den Wert der anderen Parteien, wenigstens annähernd, zu Hause ausrechnen - die Stronach-Konstante macht's möglich .

Einige Variable sind natürlich schon auch zu berücksichtigen, wenn die Grenzen des Kaufinteresses auszuloten sind. Zwei Millionen für die ÖVP - mit oder ohne Erwin Pröll? Mit oder ohne ÖAAB? Drei Millionen für die ganze SPÖ (ohne Köfer)? Aber nur, wenn die Inserate, in denen Faymann für Stronach wirbt, von den ÖBB begeistert bezahlt und in der Krone geschaltet werden. Die FPÖ wäre für ein Trinkgeld feil. Sie besorgt Stronachs Geschäfte, ohne dass er zahlen muss. Nur Scheuchs stören.

Die Grünen widerstehen einer seriösen Bewertung. (Günter Traxler, DER STANDARD, 30.8.2012)