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Luftballons, Konfettiregen und ein großes Spetakel in Tampa: Mitt Romney beim Abschluss des Parteitages in Florida.

Foto: AP/Semansky

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Mitt Romney sprach beim Parteitag der Republikaner vor tausenden Fans. Die Rede wurde live im Fernsehen übertragen.

Foto: EPA/SHAWN THEW

Der hagere Mann lächelt verlegen, als wäre es ihm peinlich, zur Attacke blasen zu müssen, als tue er nur seine polemische Pflicht. "Präsident Obama hat versprochen, den Anstieg der Ozeane zu bremsen und den Planeten zu heilen", erinnert er an die überschäumende Rhetorik des Jahres 2008. "Mein Versprechen ist, Ihnen und Ihrer Familie zu helfen."

Damit hat Mitt Romney den Kern seiner Botschaft in zwei kurze Sätze gepackt. Sitzt er erst im Weißen Haus, wird alles um eine Nummer bescheidener ausfallen. Dann regiert ein Mann der Tat, nicht großer Worte. Einer, der weiß, wie Amerika tickt, anders als Barack Obama, der nach Romneys Skizze das Land nicht versteht, weil er über den Wolken schwebt. Bei alledem klingt der Republikaner wie ein neutraler Beobachter, der es angeblich selber bedauert, dass der Hoffnungsträger erfolglos blieb.

Frontalangriffe, weiß Romney, kommen bei schwankenden Wählern nicht an, dazu ist Obama als Person zu beliebt. Also umschmeichelt er die Ernüchterten. Es sei doch typisch für Amerikaner, optimistisch an eine bessere Zukunft zu glauben; deshalb hätten sie ja so verführerisch geklungen, die Versprechen von Hoffnung und Wandel. Doch die Euphorie sei umgeschlagen in Enttäuschung und Spaltung. "Sie wissen, etwas stimmt nicht mit dem Job, den er macht, wenn Sie sich nie mehr besser fühlten als an dem Tag, an dem Sie für ihn stimmten." Seit Hope und Change gehe es nur noch bergab.

Seit der Großen Depression der 1930er-Jahre, sagt er, habe noch jeder US-Staatschef nach seinen ersten vier Amtsjahren zufrieden zurückblicken und seinen Landsleuten sagen können, es gehe ihnen heute besser als vier Jahre zuvor. "Mit Ausnahme von Jimmy Carter. Und mit Ausnahme dieses Präsidenten." Kein Zufall, dass der Name Carter fällt. Denn auf ihn folgte Ronald Reagan, ein Konservativer, der von einem neuen Morgen in Amerika sprach und die Selbstzweifel besiegte. Romney sieht sich in der Reagan-Rolle, ohne dass er es so direkt sagt.

Frauen und Hispanics

Überhaupt, er hält eine Rede in Moll, weniger kämpferisch, als es der konservativen Basis lieb wäre. Vorausgegangen ist der dreistündige Versuch, hinter der glatten Fassade des millionenschweren Geschäftsmannes den Menschen Mitt zu zeigen. Ted und Pat Oparowski, Mormonen aus Boston, erzählen von ihrem 14 Jahre alten Sohn David, um den sich Romney anrührend kümmerte, bevor der Bub an Krebs starb. Mitt selber erinnert an seinen Vater George, der aus Mexiko fliehen musste, kein College besuchen konnte, es dennoch bis zum Gouverneur Michigans brachte und nebenbei seiner Gattin Lenore jeden Morgen eine Rose auf den Nachttisch stellte. Mit seiner eigenen Familiengeschichte buhlt Romney um zwei Wählergruppen, die bislang nicht warm werden mit ihm. Um Frauen, die in der Grand Old Party eine altmodische Männerpartei sehen. Und um die Hispanics, die er in den Vorwahldebatten mit der gefühllosen Bemerkung brüskierte, illegale Einwanderer sollten sich am besten selbst deportieren.


Überschattet wird das alles von Clint Eastwood, dessen bizarre Einlage die Miene Ann Romneys auf der Tribüne versteinern lässt. Auf der Bühne führt Eastwood einen eigenwilligen Dialog mit einem leeren Stuhl, dem abwesenden Präsidenten. "Was soll ich Herrn Romney sagen?" "Ach, das kann ich nicht. Das kann er sich doch nicht antun." Irgendwann lässt der gealterte Westernheld einen Finger über die Kehle fahren, womit er sein Fazit untermalt: "Wenn jemand seine Arbeit nicht tut, dann muss man ihn gehen lassen." Obamas Team reagierte mit einem Foto. Die Lehne des Amtssessels im Oval Office, dazu eine Zeile: "Dieser Stuhl ist besetzt."

Die Substanz dagegen kommt eindeutig zu kurz, ein außenpolitisches Programm wird nicht einmal in groben Zügen umrissen, der kostspielige Militäreinsatz in Afghanistan spielt überhaupt keine Rolle. Dafür schwenkt Romney von seiner Schmuserhetorik zu scharfer Polemik, indem er Obama etwa vorwirft, mit Israel einen Verbündeten "vor den Bus zu stoßen". In überraschend kurzen Passagen zur Wirtschaftspolitik - überraschend, weil der Geschäftsmann gern den detailkundigen Problemlöser gibt - formuliert er ein ehrgeiziges Ziel. Bis 2016 gedenkt er zwölf Millionen Arbeitsplätze zu schaffen, falls ihn die Wähler ins Weiße Haus delegieren. Wie er das anstellen will, lässt er offen. (Frank Herrmann, DER STANDARD, 1.9.2012)