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ÖIAG-Aufsichtsratschef Peter Mitterbauer versucht, die Kapitalvertreter auf eine Linie einzuschwören. Finanzministerin Maria Fekter versucht, im Hintergrund die Fäden zu ziehen.

Foto: Reuters/Bader

Wien - Die Bestellung des neuen ÖIAG-Chefs wird zur Zitterpartie. Eine Woche vor der Aufsichtsratssitzung, in der ein Nachfolger für Markus Beyrer gekürt werden soll, sind die zehn Kapitalvertreter im Aufsichtsrat unter ihrem Präsidenten, Miba-Chef Peter Mitterbauer, alles andere denn einig.

Im Gegenteil, es zeichnet sich eine Lagerbildung ab, die eine spannende Abstimmung am Freitag verspricht. Ausgerechnet die fünf Arbeitnehmervertreter, seit der "Entpolitisierung" der ÖIAG-Führung im Jahr 2000 eher gelitten denn geschätzt, könnten das Zünglein an der Waage sein.

Zur Wahl stehen vier Persönlichkeiten, de facto geht das Match aber zwischen dem steirischen Ex-Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl (VP) und Rudolf Kemler, einem Computermanager, der in so gut wie allen namhaften IT-Konzernen stationiert war - von Siemens-Nixdorf über T-Mobile bis Hewlett-Packard. Ex-AUA-Vorstand Peter Malanik werden in Polit- wie ÖIAG-Kreisen nur mehr Außenseiterchancen eingeräumt, ÖIAG-Bereichsleiter Günther Leonhartsberger keine.

Ab hier wird die Sache richtig kompliziert. Denn wohl gilt Paierl Finanzministerin Maria Fekter und Vizekanzler Michael Spindel egger (beide VP) ebenso wie einflussreichen Größen im ÖIAG-Aufsichtsrat als fachlich geeignet. Die Tatsache, dass der Mann mit bestem Draht zu Frank Stronach und dessen Magna-Konzern aber Expolitiker ist, macht ihn für Teile des Aufsichtsrats unwählbar. "Dieser von Papier- und Autoindustriellen dominierte Aufsichtsrat hat ein besonderes Interesse, nicht den Eindruck zu erwecken, einen Politiker zu engagieren", bringt es ein Entscheidungsträger auf den Punkt. Distanz zur Politik ist der unter Schwarz-Blau "entpolitisierten" ÖIAG aber heilig.

Das mit der Distanz gilt freilich nicht für den "Schwarzenbergplatz". Am Sitz der Industriellenvereinigung fallen nach wie vor wichtige (Vor-)Entscheidungen. Und dort fällt das Urteil ziemlich eindeutig aus: "Paierl, das bedeutet: Politik, Marke uralt."

Heißt auf gut Deutsch: Je mehr Druck das Finanzministerium auf Mitterbauer und seinen Stellvertreter Siegfried Wolf ausübt, desto weniger kann der Aufsichtsrat für Paierl entscheiden, ohne das Gesicht zu verlieren. Dabei habe sich Paierl unbestritten um den Aufbau des steirischen Autoclusters sehr verdient gemacht, ihm traut man zu, den ewigen Koalitionsstreit über die ÖIAG halbwegs managen zu können. Anderseits sei Paierl nicht leicht kalkulierbar, manchmal sogar erratisch.

Die Zeit drängt

Dass sich der Personalausschuss des ÖIAG-Aufsichtsrats am Donnerstag einigt, gilt als unwahrscheinlich. Also werden Paierl, Kemler und Malanik am Freitag im Plenum ihre Konzepte präsentieren, "und dann sollen die Damen und Herren Farbe bekennen", sagt ein anderes Aufsichtsratsmitglied. "Die großen Manager im Gremium können sich doch nicht hinter ihrem Präsidenten verstecken."

Sich länger Zeit lassen und weiter feilschen geht hingegen gar nicht. Bei den drei ÖIAG-Beteiligungen Post, OMV und Telekom Austria (TA) drängt die Zeit, sie brauchen handlungsfähige Aufsichtsratspräsidenten. Vor allem die TA, bei der Aktionärsvertreter von Neoaktionär America Movil in das Kontrollgremium drängen. Gemeinsam mit dem neuen ÖIAG-Chef soll - idealerweise in einer außertourlichen Hauptversammlung Mitte Oktober - der Niederländer Oskar Von Hauske Solis in den Aufsichtsrat einziehen.

Das wäre gerade noch rechtzeitig vor dem Strategie-Workshop des TA-Aufsichtsrats, der wie jedes Jahr Ende Oktober / Anfang November stattfindet und der internationalen Ausrichtung gewidmet ist. Die außerordentliche Aufsichtsratssitzung am 24. September leitet noch Markus Beyrer. In der geht es um das unter Margendruck stehende Österreich-Geschäft. Der Preiskampf drückt den Ertrag pro Kunde, womit der stärkste A1-Markt unter Druck ist. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD; 1./2.9.2012)