Die dänische Hauptstadt als Vorbild: In den neuesten Fibeln der Stadt- und Verkehrsplaner ist bereits von "copenhagenize" - vom Kopenhagenisieren der Welt - die Rede.

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Alpbach - "Wir waren vor hundert Jahren da, wo wir heute wieder hinwollen", sagt Bö Grönlund, Architekturprofessor an der Royal Danish Academy of Fine Arts in Kopenhagen. "Hundert Jahre lang verbannten wir kleine Häuschen und Straßenbahnen aus der Stadt und heute merken wir, dass der menschliche Maßstab nicht so schlecht war."

War die automobile Zukunftsvision der vergangenen Jahrzehnte eine Sackgasse? Dieser Frage widmeten sich am Freitag die Alpbacher Baukultur-Gespräche. Unter dem Motto "Lebensräume gestalten. Wie lebt man in Zukunft?" diskutierten Stadtplaner, Architekten und Vertreter der öffentlichen Hand, wie wir die Stadt wieder lebenswerter machen können.

1000 Menschen in einer Stunden

"Ohne einen gewissen menschlichen Maßstab werden wir niemals eine urbane Atmosphäre schaffen können", kritisierte Grönlund. "Wenn man in einem Stadtviertel eine Stunde spazieren geht und dabei nicht mindestens 1000 Menschen über den Weg läuft, kann man unmöglich von städtischer Dichte sprechen."

Das Problem heutiger Stadtplanung sei, dass man zwar 1000 Autos zählen könne, aber keine 1000 Fußgänger, wie der Wiener Verkehrsplaner Hermann Knoflacher anmerkte. Er will die "dummen Bewegungsprothesen" aus der Stadt verbannen und plädiert für mehr Schönheit. "Das klingt banal, aber Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen in schön gestalteten Städten durchschnittlich um 70 Prozent mehr zu Fuß gehen."

Vorbild Kopenhagen

"Die Begrünung von Straßen, Fassaden und Dächern ist eine vergleichsweise günstige Methode, um den Lebensraum zu attraktivieren, aber auch um den Backofen-Effekt in der Stadt zu reduzieren", erklärte Helga Fassbinder von der Stiftung Biotope City.

Wohin all die grünen Anstrengungen eines Tages führen können, zeigt sich am Beispiel Kopenhagen. Allein in der dänischen Hauptstadt hat sich die Anzahl der mit dem Rad zurückgelegten Wege seit 1970 nahezu verdoppelt. Bis 2025 rechnet man mit einem weiteren dramatischen Anstieg. "Wir sind schon so weit, dass wir in Kopenhagen Parkplatzprobleme für Fahrräder haben", sagt Grönlund. "Das muss uns mal jemand nachmachen!" Die Chancen dafür stehen gut. In den neuesten Fibeln der Stadt- und Verkehrsplaner ist bereits von "copenhagenize" - vom Kopenhagenisieren der Welt - die Rede. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 1./2.9.2012)