Linz - Ein Gespräch mit Joe Davis gleicht einer Achterbahnfahrt durch Science-Fiction, Bio-Art und Märchenwelt. Er ist jenes Missing Link, das Kunst und Wissenschaft vor dreißig Jahren so nötig hatten. Davis erzählt von elek tronisch leitfähigen Bakterien, aus denen er sein sich selbst mit Strom versorgendes "bacterial radio" baut, und von der kurz bevorstehenden Entschlüsselung eines Ur-Apfels aus Kasachstan. "Der Apfel, womöglich."

Joe Davis, Bio-Artist der ersten Stunde, verwebt biologische Erkenntnisse zu aufregenden Projekten, über die man noch rätselt, während er schon zu einer neuen Geschichte anhebt: Seidenraupen können Gold spinnen. "Und dafür erwarte ich mir jetzt nicht ein- mal ihren erstgeborenen Sohn." Spricht's und bohrt die strahlenden Augen ins Gegenüber.

Seit 1982 arbeitet und forscht der 61-Jährige am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an der Harvard Medical School. Ein Künstler, der sich Anerkennung als ernsthafter Forscher erarbeitet hat und dennoch nicht aufhört, seinen Ruf als "mad scientist" zu nähren. Für sein Lebenswerk im Bereich Bio-Art wird ihm nun in Linz die Goldene Nica verliehen. Das Offene Kulturhaus zeigt eine Reihe seiner Arbeiten, außerdem werden zwei Dokumentationen gezeigt, die auf verschiedene Weise versuchen, den Forscher Joe Davis erklärbar zu machen, ohne den Künstler dabei zu entmystifizieren.

Joe Davis ist heute auch im "Big Picture"-Symposion zu Gast, ebenso wie George Church - dem Gentechniker gelang 1984 die erste Genomentschlüsselung. Dem Bild vom All auf die Erde - dem sogenannten "overview effect" - widmete sich gestern ein Teil des Symposions. Als die Apollo-8-Mannschaft 1968 erstmals die Erde fotografierte, erzeugte dieses Bild damals ein Bewusstsein für die Fragilität der Erde, hieß es da, und weiter: Nun müsse ein Bild gesucht werden, das ebenso ikonografisch ein Bewusstsein für Komplexität erzeugen könne.

Mit bereits vorhandenen Bildern beschäftigt sich heute die Konferenz "Archivia". Und: Das neue Bildarchiv der Ars wurde online gestellt. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 1./2.9.2012)