
"Ich bin der echte August!" "Nein, ich!": Tilman O'Donnells Beitrag zum "Strindberg Project" hinterfragt den Ikonenstatus des Schriftstellers.
Was Goethe den Deutschen, das ist August Strindberg den Schweden: ein literarischer Gigant von Weltruhm, dem anderen Geschlecht aufs Äußerste zugetan - wenn es beim berüchtigten Frauenfeind Strindberg auch mehr in Hass war, denn in Liebe.
Zum 100. Todestag des Schriftstellers bat das schwedische Cullberg Ballet den Choreografen Tilman O'Donnell und die Regisseurin Melanie Mederlind zur jeweiligen Auseinandersetzung mit dem großen alten Herrn der schwedischen Literatur.
In St. Pölten ist "The Strindberg Project" nun als Österreich-Premiere zu sehen. Tilman O'Donnell setzt sich in "August did not have what is commonly considered good taste as far as furniture is con cerned" mit Strindbergs Status als Ikone auseinander.
Mit Schnauzbart als Strindberg-Doubles gekennzeichnete Tänzer stellen die Frage, wen oder was man eigentlich verehrt, wenn man jemanden wie Strindberg verehrt. Das genuine Werk dieser Person? Oder nicht doch eher das Bild, das man sich von dieser Person gemacht hat?
Melanie Mederlind hatte sich bislang einen Namen als Regis seurin von Stücken vornehmlich deutscher Autoren gemacht, für ihre Inszenierung von Elfriede Jelineks "Ulrike Maria Stuart" war sie etwa für einen Hedda Award nominiert. "Translations" ist nun ihre erste Arbeit mit Tänzern. Sie setzt sich darin mit einem kaum bekannten Aspekt in Strindbergs Schaffen auseinander: seinen Studien zur chinesischen Sprache, die er in den letzten Lebensjahren betrieb. Mederlind übersetzt Strindbergs sprunghaft assoziative Gedanken in eine Art Unterrichtsstunde, in der das vielsprachige En semble vom gegenseitigen Nicht-Verstehen zu einer allgemeingültigen Sprache findet.
Aus den unterschiedlichen linguistischen Backgrounds ihres Ensembles, erklärt Mederlind, wird dabei ein Gesamtes aus Sprache, Assoziationen und Bildern. (Andrea Heinz, Spezial, DER STANDARD, 6.9.2012)