Brain-Drain ist zurzeit ein geflügeltes Wort. Jene Länder, die nicht über die notwendigen Mittel verfügen oder nur geringe Anstrengungen unternehmen, ein attraktives Umfeld für talentierte und ambitionierte Menschen zu gestalten, verlieren langfristig durch den Verlust von Fachkräften an internationaler Wettbewerbsfähigkeit.
Österreich für hoch qualifizierte Fachkräfte unattraktiv
Dass Österreich dabei zu den Verlierern gehört, ist nicht neu. Durch die unlängst veröffentlichten präzisen Daten über die Abwanderung von qualifizierten Akademikern aus Österreich wurde erneut bestätigt, dass Österreich bei Fachkraftretention zu den internationalen Verlierern gehört. Der Brain-Drain hemmt weiter den ökonomischen, sozialen und intellektuellen Fortschritt des Landes, was wiederum den Standort Österreich für hoch qualifizierte Fachkräfte unattraktiv macht.
Österreich verliert durch Abwanderung jährlich netto 5.000 gut ausgebildete Bürger, und über 80 Prozent der in Österreich ausgebildeten ausländischen Universitätsabsolventen bleiben nicht in Österreich.
Der dritten existierenden Dimension des Brain-Drain wird bisher jedoch kaum Beachtung geschenkt: In einer Umfrage unter österreichischen Mathematikern an amerikanischen Spitzenunis gaben circa zwei Drittel an, nicht nach Österreich zurückkehren zu wollen.
Erfolgreiche Rückholprogramme
Dass die Rückholung von Spitzenkräften durchaus möglich ist, zeigt ein Blick auf andere europäische Länder wie Deutschland, die Schweiz und die Niederlande. Dort wird dem Brain-Drain durch Stipendien, Rückholprogramme und gute Jobangebote erfolgreich entgegengewirkt.
In Österreich hingegen wird der Brain-Drain durch bestehende und durch die Wirtschaftskrise neu entstandene Gesetze noch forciert. Die sukzessive Kürzung aller Vollstipendien für ein Studium an amerikanischen Spitzenuniversitäten sowie die mit 2012 in Kraft tretende 40-prozentige Kürzung des Fulbright-Stipendienprogramms (von 20 auf zwölf Teilstipendien) wird nicht nur weniger Österreichern ein Studium in den USA ermöglichen, sondern auch den internationalen Wissensaustausch und somit den wissenschaftlichen Fortschritt und die globale Vernetzung Österreichs verlangsamen. Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen: Je weniger im Ausland Studierende und Forschende vom Staat unterstützt werden, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese samt Erfahrungen und neuen Kontakten auch wieder nach Österreich zurückkommen.
Österreichische Weltbürger als Chance
Die richtige Devise gegen den Brain-Drain ist daher nicht, Förderungen zu streichen, damit ÖsterreicherInnen erst gar nicht die Möglichkeit haben ins Ausland zu gehen, sondern mehr Stipendien zur Verfügung zu stellen, diese jedoch auch an Bedingungen zu knüpfen, sowie Rückholprogramme einzuführen. Weiterentwicklung heißt nicht internationale Ausbildung einzudämmen, sondern international versierte österreichische Weltbürger auszubilden, und diese auch wieder positiv in Österreich zu integrieren. Sich im 21. Jahrhundert auf der Bildungsebene international zu verschließen ist schlicht und einfach keine nachhaltige Devise.
Den Brain-Drain in einen Brain-Gain zu verwandeln ist weder einfach noch von heute auf morgen möglich. Da der Wohlstand des Landes aber in Zukunft davon abhängen wird, sind nachhaltige Maßnahmen dringendst nötig. (Leserkommentar, Andrea Feigl, Gloria Benedikt, derStandard.at, 12.9.2012)