Brüssel/Wien - Die Anwältin Britta Schönhart ist zuversichtlich, dass ihre Mandantin Recht bekommen wird. "Alles andere wäre eine Aufforderung an dänische Väter, ihre Kinder zu entführen", sagt sie. Der Fall, den sie gerade verhandelt, ist ungewöhnlich - und in dieser Form nur in Dänemark möglich.

Schönhart vertritt jene österreichische Mutter, deren Sohn Oliver im April von seinem Vater gegen den Willen der Mutter nach Dänemark gebracht wurde. Weil er das Kind gemeinsam mit einem Helfer vor einem Kindergarten in Graz abgepasst und mitgenommen hatte, sorgte der Fall für Aufregung. Ein Gericht in Dänemark soll nun klären, ob das Kind zurück nach Österreich gebracht wird oder nicht. Am Donnerstag wurden die Eltern einvernommen, das Urteil soll in zwei Wochen schriftlich erfolgen.

Vater bekam Sorgerecht in Dänemark

So weit kommen konnte es nur, weil Dänemark als einziges Land der EU die "Brüssel IIa"-Verordnung nicht unterzeichnet hat. Diese regelt, dass EU-Länder Sorgerechtsentscheidungen anderer Mitgliedsstaaten anerkennen - außer eben jene von dänischen Gerichten.

Olivers Mutter hatte mit Oliver und ihrem Mann in Dänemark gelebt. Als sie ihren Mann und das Land verließ und mit Oliver nach Österreich zurückzog, hatte sie laut Schönhart auch das Sorgerecht für das Kind. Der Mann argumentiert, die Übersiedlung sei gegen Olivers Willen erfolgt. In ihrer Abwesenheit hatte er danach in Dänemark das alleinige Sorgerecht beantragt und bekommen.

Verhandlung soll in Österreich stattfinden

Als er diesen Beschluss in Österreich anerkennen lassen wollte, lehnte das Gericht dies ab. Daraufhin reiste der Mann gegen den Willen der Mutter mit dem Kind zurück nach Dänemark.

Schönhart pocht nun darauf, dass das Kind zurück nach Österreich gebracht wird und der Fall hier als Entführung verhandelt wird. Sie beruft sich dabei auf das "Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung" (HKÜ): Demnach muss ein entführtes Kind dorthin rückgeführt werden, wo es zuletzt seinen regulären Aufenthalt hatte. (tob, DER STANDARD, 7.9.2012)