Läden in Altbauten haben viele Nachteile, sagt Wolfgang Richter, Geschäftsführer des Standortberaters RegioPlan, zu Peter Matzanetz. Alternative Nutzungen dafür sind oft schwer zu finden.
STANDARD: Sogar in belebten, städtischen Vierteln gibt es immer häufiger Leerstand. Warum?
Richter: Läden in Altbauten haben zwar vielleicht eine schöne Fassade, doch für den heutigen Handelsbetrieb sind sie baulich meist ungeeignet. Störende Feuermauern können nicht entfernt werden, die Lokale sind oft feucht, haben Stufen und sind daher nicht barrierefrei. Aber auch die Kundenbedürfnisse haben sich verändert. Die Kunden wollen keine Nägel- und Schraubengeschäfte mehr. Mittelfristig werden die letzten Geschäfte dieser Art verschwinden, und das führt unweigerlich zum Leerstand. Da hilft auch keine Wirtschaftsromantik.
STANDARD: Welche Gegenden sind für Leerstände am anfälligsten?
Richter: Leerstände sind in Nebeneinkaufslagen im städtischen Gebiet sowie in kleineren Ortschaften ein Thema - nicht in den großen Einkaufsstraßen. Wenn Lokale leer werden, dann hat das meiner Erfahrung nach in erster Linie mit der Unattraktivität der dezentralen Einzellagen zu tun.
STANDARD: Warum lässt sich das nicht über die Miethöhe regeln?
Richter: Manchmal kann es sein, dass die Vermietung nicht einmal mehr die Betriebskosten deckt. Die Gumpendorfer Straße in Wien ist so ein Fall.
STANDARD: Bleibt noch die Möglichkeit, das Erdgeschoß für alternative Nutzungen umzubauen.
Richter: Bevor man umbaut, muss klar sein, welchen Grund der Leerstand hat und ob man sich von einer baulichen Veränderung versprechen kann, dass eine Vermietung danach besser geht. Viele Eigentümer stellen sich die Frage: "Mach ich etwas oder lass ich's lieber bleiben?" Schließlich geht es hier auch um Investitionen mit Fremdkapital, und es dauert, bis derartige Kosten wieder hereingespielt werden.
STANDARD: Stichwort Zwischennutzung?
Richter: Eine Zwischennutzung in Form kultureller oder künstlerischer Interventionen ist meiner Erfahrung nach nur dann möglich, wenn sich die öffentliche Hand daran beteiligt, weil sie stadtstrukturell Interesse an einer Wiederbelebung eines bestimmten Viertels hat. Das passiert in Österreich sehr selten. Es ist eine politische Entscheidung, wofür man die Steuermittel einsetzt. Scheinbar sind die Politiker der Meinung, dass das Geld anderweitig besser aufgehoben ist. (DER STANDARD, 8./9.9.2012)