Sozialorganisationen in Österreich fehlt zunehmend öffentliches Geld. Vor allem aus den Reihen der kleineren Organisationen mit wenig oder keiner Etablierung in der Politik kämen "Notschreie", sagt der Leiter des Non-Profit-Instituts (NPO) an der Wirtschaftsuni Wien, Michael Meyer. Von "eklatantem Geldmangel" berichtet auch Christian Horak, Geschäftsführer der Contrast Management-Consulting - er verfügt über mehr als 20-jährige Expertise im NPO-Bereich.
Auslöser sind teilweise drastische Kürzungen der Bundesländer, in der Steiermark etwa gebe es nunmehr 20 bis 30 Prozent weniger öffentliches Geld für die fortlaufenden Sozialprojekte, etwa in der Behindertenbetreuung. Auch würden bestehende Verträge von Auftraggeberseite nicht mehr eingehalten, ist von einzelnen NPOs zu hören. Und der Überblick in Zahlen? "Den gibt es nicht, weil die Länder ihre Daten nicht vorlegen oder in Budgetposten verbergen", so Meyer.
Andererseits wollen immer mehr Menschen aus der klassischen Wirtschaft heraus und lieber einen "sinnvolleren" Job im sozialen Bereich machen. Soziales Unternehmertum, also marktfinanzierte Weltverbesserung à la Muhammad Yunus, hat große Anziehung auch unter Studierenden entwickelt, wie etwa der Social Impact Award (socialimpactaward.net) beweist, wie auch der Zulauf zum Projekt "Ideen gegen Armut" zeigt, bei dem Coca-Cola gemeinsam mit dem NPO-Institut und dem STANDARD seit nunmehr fünf Jahren Neugründungen im sozialunternehmerischen Bereich fördert (www.ideen-gegen-armut. at). "Am besten mit öffentlichen Geldern gar nicht mehr rechnen", empfiehlt Klaus Candussi, prominenter Sozialunternehmer in der Arbeit mit Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. Seine Unternehmen atempo und nueva beschäftigen 75 Mitarbeiter und exportieren ihr Dienstleistungskonzept auch.
Aber: Auch er kämpft derzeit mit heftigem Budgetschnitt des Staates. Eigenkapital gibt es für den Sozialbereich hierzulande auch noch kaum - größte Ausnahme: die Stiftung der Erste Bank.
Eine Karriere im Sozialbereich vergleicht Klaus Candussi, ohne zu klagen, mit dem Bild des Sisyphos und seinem Stein - er selbst habe viel Erfahrung mit dem Zurückrollen und ist überzeugt: Das erneute Hinaufrollen sei als "sportliche Leistung" zu begreifen, um im NPO-Bereich erfolgreich zu sein.
Habe man vor einigen Jahren noch etwas despektierlich gehört: "Lernt wirtschaften, Sozialheinis!", so gehe es jetzt um maximale Unabhängigkeit vom Staatsgeld; Unternehmergeist und Kreativität stünden im Zentrum, wenn es um die nachhaltige Verbesserung sozialer Schieflagen geht. Die Hausaufgaben in puncto Professionalisierung sehen Meyer und Horak auch weitgehend gemacht. Thema sei nun viel mehr die sogenannte Anschlussfähigkeit an private Geldgeber und ihre Investitionskriterien, etwa durch das Fitmachen der Projekte via Zahlen & Formeln, zum Beispiel durch Berechnungen des Social Return on Investment (SROI). "Mehr Wirkung mit weniger Ressourcen", betitelt Christian Horak auch den 19. NPO-Kongress am 17. und 18. Oktober in Wien (www.npo-kongress.at). Mit dabei: Große Karrieren im Sozialbereich. (Karin Bauer, STANDARD, 8./9.9.2012)