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Geert Wilders (li.) und Mark Rutte beim Blödeln.

Foto: EPA/ROBIN UTRECHT
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Weder der Rechtspopulist Geert Wilders noch der Linke Emile Roemer werden nach der niederländischen Parlamentswahl am Mittwoch eine Rolle bei der Regierungsbildung spielen, meint der Politologe André Krouwel im Gespräch mit Kerstin Schweighöfer.

STANDARD: Wer wird neuer Premier - Samsom oder Rutte?

Krouwel: Samsom kann Rutte gefährlich werden. Die Wähler präsentieren den Rechtsliberalen die Rechnung für das, was sie nicht erreicht haben - wirtschaftliche Stabilität und 100.000 Arbeitsplätze. Aber Rutte ist ein genialer Politiker und Überlebenskünstler.

STANDARD: Und Samsom?

Krouwel: Der ist ein Europäer reinsten Blutes und als ehemaliger Greenpeace-Aktivist sehr progressiv. Er hatte das Glück, dass die Sozialdemokraten in den Umfragen so schlecht abschnitten, dass es nur besser werden konnte.

STANDARD: Alle reden über eine Koalition der Mitte. Bisher hieß es immer, die Mitte sei ausgehöhlt und die Flanken würden zulegen.

Krouwel: Die Flanken existieren weiterhin, es gibt ein Elektorat, das nach wie vor gegen Europa und gegen Immigration ist, gegen immer mehr Wettbewerb, mehr Markt und immer offenere Grenzen. Dieses Elektorat teilen sich Roemers Sozialisten mit Wilders' PVV. Zusammen sind sie gut für rund 30 der 150 Parlamentssitze.

STANDARD: Welche Aussichten haben Roemer und Wilders, bei der Regierungsbildung doch noch eine Rolle zu spielen?

Krouwel: Keine, denke ich: Wilders hat es sich nach dem Platzen des Minderheitskabinetts mit Rechts verscherzt. Die Linken wollen sowieso nichts mit ihm zu tun haben. Und seine Wähler sind desillusioniert, weil er seine Versprechen nicht hielt. Roemer hat das Problem, dass er links nicht genug Parteien für eine Mehrheit findet. Vielen Wählern ist eine stabile Zentrumsregierung lieber als linke Experimente, sie wollen ein Kabinett, das die Wirtschaftskrise bewältigen kann, und das geht nur, wenn es vier Jahre durchhält.

STANDARD: Wäre eine Koalition von Rechtsliberalen und Sozialdemokraten mit Christdemokraten und/oder Linksliberalen ein Revival der politischen Mitte?

Krouwel: Nein, denn die alte Mitte gibt es nicht mehr, das waren bei uns die Christdemokraten, und die sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Rechtsliberalen haben sich nach rechts verschoben und ihren Platz eingenommen. Auch die Sozialdemokraten sind nicht mehr, was sie einmal waren: In sozial-ökonomischer Hinsicht sind sie eine Zentrumspartei geworden. (Kerstin Schweighöfer, DER STANDARD, 11.9.2012)