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Tausende forderten am Al-Erada-Platz vor dem Parlament in Kuwait-City mehr Rechte für das Parlament.

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Derzeit hat Kuwait kein handlungsfähiges Parlament - was nicht mit politischem Stillstand gleichzusetzen ist. Die Entscheidungen trifft ohnehin der Emir.

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Emir Scheich Sabah Al-Ahmad Al-Jaber Al-Sabah lenkt die Geschicke des Landes. Auf das Parlament muss er in seinen Entscheidungen keine Rücksicht zu nehmen.

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3.000 Menschen haben am Montagabend auf dem Al-Erada-Platz vor dem Parlament in Kuwait-City demonstriert. Den Anwesenden ging es um ein umstrittenes Wahlgesetz, zugleich forderten sie mehr Demokratie. Und das nicht zum ersten Mal.

Kuwait ist laut Verfassung eine konstitutionelle Erbmonarchie mit parlamentarischen Elementen. Das Land wird seit beinahe 250 Jahren von Mitgliedern derselben Familie regiert: den Al-Sahab. Emir und damit die höchste geistliche und weltliche Autorität ist Scheich Sabah Al-Ahmad Al-Jaber Al-Sabah. Er ernennt den Premierminister, dieser darf wiederum die Regierung zusammenstellen, die meist mehrheitlich aus Mitgliedern der Herrscherfamilie besteht. Das Parlament ist zwar eines der ältesten in der Region und hat einige Rechte. Politische Entscheidungen trifft aber weiterhin der Emir.

Parlament kämpft um mehr Macht

Gegen eingeschränkten Rechte des Parlaments und die übermächtige Rolle der Al-Sahab-Familie wehren sich jetzt die Abgeordneten. Eine ihrer Forderungen ist, dass der nächste Premier nicht mehr der Herrscherfamilie angehören darf. Das kuwaitische Parlament, das ein Jahr nach der Unabhängigkeit von Großbritannien 1963 geschaffen wurde, ist zwar kein Parlament im westlichen Sinne, war aber ein Schritt Richtung Demokratie lange bevor andere Länder in der Region Ähnliches forderten.

Alle vier Jahre wählen die Kuwaitis 50 Abgeordnete, seit 2005 sind auch Frauen wahlberechtigt. Die Regierungsmitglieder werden aber nicht vom Parlament bestimmt. Weder Regierung noch Premier bedürfen der Zustimmung der Abgeordneten. Das Parlament kann allerdings einzelnen Ministern das Misstrauen aussprechen und Entscheidungen der Regierung mit einem Veto blockieren.

Schwelender Konflikt

Der Konflikt zwischen Parlament und Regierung schwelt schon länger. Im November des Vorjahres sah sich der damalige Premier Nasser al-Mohammed al-Sabah gezwungen, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben. Der Grund: Er hätte sich im Parlament unangenehmen Fragen der Parlamentarier bezüglich angeblicher Korruptionszahlungen an einzelne, der Regierung gewogene Abgeordnete stellen müssen, schreibt die BBC.

Schon zum vierten Mal seit 2006 waren deswegen die Kuwaitis Anfang 2012 aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Und sie entschieden sich mehrheitlich für die Kandidaten der Opposition, die 34 der insgesamt 50 Mandate gewinnen konnte. 23 davon sind als sunnitische Islamisten einzustufen, darunter auch ultrakonservative Salafisten.

Korruption und Misswirtschaft

Damit war der Konflikt zwischen Parlament und Herrscherfamilie aber nicht gelöst. Die Parlamentarier warfen der Emir-Familie weiterhin Korruption und Misswirtschaft vor. Darüber hinaus wurden die Vorstellungen der Parlamentarier bei der Regierungsbildung nicht berücksichtigt. Die Opposition hatte neun der insgesamt 16 Ministerposten verlangt, aber lediglich vier angeboten bekommen.

Im Juni folgte dann die nächste Entscheidung gegen das Parlament: Das Oberste Gericht urteilte, dass die Parlamentswahlen nicht verfassungskonform abgelaufen wären. Somit sei das neue Parlament aufzulösen und das alte, eher regierungsfreundliche, 2009 gewählte wieder einzusetzen. Eine Entscheidung, die die Parlamentarier nur weiter gegen die Regierung und die Herrscherfamilie aufbringt. Aus Protest gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts legten mehr als die Hälfte der Parlamentarier ihr Mandat nieder.

Politischer Stillstand im reichen Land

Der politische Stillstand im Land lähmt auch dessen wirtschaftliche Entwicklung. Ausländische Investoren meiden Kuwait mittlerweile. Das BIP pro Kopf liegt dank der Ölvorkommen in Kuwait dennoch bei 48.900 US-Dollar, der zehnte Platz im weltweiten Vergleich, knapp gefolgt von den USA mit 47.200.

Beobachter gehen von neuerlichen Wahlen noch dieses Jahr aus. Weil das kuwaitische Parlament strukturell eher als Opposition zur Regierung des Emirs angelegt ist, sind neue Konflikte vorprogrammiert. (mka, derStandard.at, 11.9.2012)