Foto: XtravaganT - Fotolia.com

Renate sorgt sich um die Gesundheit ihres Mannes, der gerade im Spital liegt. Klaus wird blass, wenn er eine Spinne neben seinem Bett entdeckt. Karin hat bereits ein Seminar besucht, um ihre Flugangst zu überwinden. Horst nervt alle mit seinen ständigen Bedenken, ob es nicht doch noch zur großen Wirtschaftskrise kommt. All diese Ängste kennen wir: Manche davon hat jeder einmal, andere mögen pessimistisch oder lächerlich wirken - wenngleich nicht für den Betroffenen...

Welche Arten von Angst gibt es also? Und wann übersteigen Ängste das „normale Level" und werden krankhaft?

Was ist Angst?

Grundsätzlich ist Angst ein wesentlicher Bestandteil unseres Befindens: Ohne Angst könnten wir nicht leben. Oder anders gesagt: „Von den Vorfahren, die keine Angst hatten, stammen wir nicht ab, weil die haben nicht überlebt", so O.Univ.Prof. Dr.h.c.mult. Dr. Siegfried Kasper, Vorstand der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wien. Egal ob wir an einer befahrenen Straße entlang gehen, oder bei einer Wanderung auf eine Schlange stoßen: Unsere Sinne leiten Informationen, wie Bilder, Geräusche, Gerüche oder Gefühle, an unser Gehirn weiter, das einen natürlichen Angstmechanismus auslöst und uns zum Aufpassen anhält und bewahrt, von einem Auto angefahren oder von einer Schlange gebissen zu werden.
Angst umschreibt einen Zustand von Besorgnis, Zweifel und Beengung und tritt in unterschiedlichsten Formen in unserem täglichen Leben auf. Pathologisch, also krankhaft, wird Angst erst, wenn sie so stark ausgeprägt ist und uns andauernd begleitet, dass sie unser Leben negativ beeinflusst und Alltägliches zur Anstrengung wird. In diesem Fall spricht man von Angststörungen die unterschiedliche Auslöser haben und sich auf vielfältige Weise zeigen.

Arten von Angststörungen

Die Gemeinsamkeit aller phobischen Störungen ist eine irrationale Furcht die zu einem Vermeidungsverhalten führt - d.h. wir versuchen, erst gar nicht in die unangenehme Situation zu kommen, um so die Angst zu vermeiden.

Agoraphobie (Angst vor Situationen, in denen eine Flucht nicht oder nur schwer möglich ist) zeichnet sich dadurch aus, dass der/die Betroffene nicht in eine hilflose Situation geraten will und so die Orte meidet, die ihm/ihr Unwohlsein bereiten. Das kann so weit führen, dass der/die Betroffene sein Haus nicht mehr verlässt.

Spinnenangst, Flugangst, Höhenangst und viele mehr zählen zu den spezifischen Phobien, d.h. bestimmte Dinge oder Situationen lösen Angstverhalten aus.

Wer unter einer sozialen Phobie leidet, hat massive Angst in zwischenmenschlichen Situationen zu versagen. Die Betroffenen fürchten sich davor, zu schlechte Leistungen zu bringen, negativ bewertet oder gar minderwertig oder herabwürdigend behandelt zu werden. Die Scham und Angst vor Demütigung macht es ihnen unmöglich, Reden oder Ansprachen zu halten, oder vor anderen Menschen zu essen oder zu trinken.

Panikattacken kennt man: Ganz plötzlich hat man in einer unangenehmen Situation Angst, die sich aber relativ rasch wieder legt. Bei einer Panikstörung treten diese Angstattacken (z.B. in Form von Todesangst, Angst die Kontrolle zu verlieren, Angst vor einer Katastrophe) in den entsprechenden Situationen immer wieder auf, und gehen oft mit einer Agoraphopie einher.

Bei einer Zwangsstörung denken viele an die Serien-Figur ‚Monk‘: Der Zwang treibt uns dazu Dinge zu tun, obwohl wir uns innerlich dagegen sträuben. Diese Zwänge äußern sich meist in Form von Waschen, Zählen, Wiederholen oder Ordnen, was die Betroffenen übertrieben pingelig und penibel wirken lässt.

Von posttraumatischen Störungen spricht man bei Menschen, die etwas Schreckliches erlebt haben, und diese Situation vor ihrem geistigen Auge immer und immer wieder durchleben (z.B. Flashbacks oder Träume). Andererseits vermeiden sie natürlich erneut in die gleiche oder eine ähnliche Situation zu gelangen.

Wer sich andauernd sorgt und grübelt ohne einen speziellen Anlass dafür zu haben, sich diese Angst nicht erklären kann und dadurch in seinem alltäglichen Leben eingeschränkt ist, leidet womöglich an einer Generalisierten Angststörung.

Ausgelöst werden all diese Störungen auf unterschiedlichste Weise: Sie können organische Ursachen haben (z.B. Stoffwechselentgleisungen, Gehirnverletzungen, Entzündungen oder Tumore), durch traumatische Erlebnisse ‚erlernt‘ werden oder gar vererbt sein. Häufig treten sie in Kombination miteinander auf, werden von einer Depression oder Sucht (wie Alkohol oder Medikamente) begleitet.

Allen gemein ist aber, dass man sie gut behandeln kann - wichtig ist nur, dass man mit einem qualifizierten Arzt oder Psychiater ins Gespräch tritt!

Angst vorbeugen

„Sigmund Freud hat einmal gesagt, arbeits- und liebesfähig muss man sein," zitiert Prof. Kasper. „Wenn man sieht, das man sich mit den Menschen um sich nicht mehr versteht, muss man hinterfragen, ob wirklich alle anderen das Problem sind, oder ob's vielleicht doch an einem selbst liegen könnte. Oder, wenn alle anderen um 16 oder 17 h aus der Arbeit gehen, und man selbst sitzt um 20 h immer noch da... kann das ja nicht sein! Da muss man ein bisschen an sich selbst arbeiten", sagt der Arzt und Psychotherapeut. Auch wer merkt, dass er gerne zu Alkohol greift, um sich zu entspannen, sollte schnell die Reißleine ziehen. 

Zu viel Stress kann Angststörungen auslösen - aber Stress lässt sich reduzieren! Wer auf sich achtet - in Form eines regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus, einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Freizeit, und Körper und Geist immer wieder etwas Gutes tut und sich Entspannung gönnt - wirkt präventiv und wird sein Leben mehr genießen...