Weil das Gleismaterial Ermüdungserscheinungen zeigt, müssen Tramchauffeure ihr Vehikel ganz sacht ins Jonasreindl bugsieren.

Foto: My Train Pix [cc;2.0;by-sa]

Wien - Was die Fahrgäste einiger Wiener Straßenbahnlinien bereits vermuten konnten, beweisen die zuletzt vermehrt erlassenen Dienstanweisungen der Wiener Linien: Viele Züge müssen abschnittsweise langsamer fahren.

Laut den Anweisungen, die derStandard.at vorliegen, sollen die Fahrer ihre Garnituren auf Teilstücken bis auf eine Maximalgeschwindigkeit von fünf km/h drosseln. Alleine seit Ende August wurden zehn solcher verbindlichen Orders an die betroffenen Mitarbeiter ausgesandt. Die Gründe für die Beschränkungen lauten stets ähnlich: schlechter Schienenzustand, schlechter Untergrund, Schienenbruch.

1, 6, 37, 38, 40, 41, 42, 62, 71, D et al.

Betroffen sind Trassen in der ganzen Stadt. Höchstens fünf km/h gelten seit kurzem an der unteren Schleifeneinfahrt am Schottentor für die Linien 37, 38, 40, 41 und 42 sowie vor der Schottengasse auf der äußeren Ringseite für die Linien 1 und D. Immerhin noch 15 km/h sind den Linien 6 und 18 am Gumpendorfer Gürtel, den Linien 1, 62 und der Badner Bahn bei der Bösendorfer Straße und der Linie 71 bei der Pantucekgasse erlaubt.

Das Wiener Tramnetz soll mittlerweile von mehr als 50 offenen Gleisschäden durchzogen sein, heißt es aus dem Umfeld der Wiener Linien. Dass derzeit gehäuft Schienenschäden entdeckt würden und Erneuerungsbedarf bestehe, bestätigt Wiener-Linien-Sprecherin Anna Maria Reich. Laut Reich handelt es sich allerdings um nicht mehr als ein gutes Dutzend "Langsamfahrstellen". Sie sollen kurzfristige Provisorien bleiben und nicht zum Dauerzustand werden.

Zeiteinsparung aufgewogen

Die Gleisanlagen sollen in nächster Zeit "sukzessive" geflickt werden, sagt Reich. Der Aufholbedarf ergebe sich daraus, dass zuletzt "alle Gleisbaukräfte gebündelt" zur U1-Sanierung eingesetzt worden seien: "Da hat das restliche Netz im Sommer ein bisschen zurückstecken müssen." Es sei kein Geheimnis, dass es in einem 250 Kilometer langen Schienennetz laufend Erneuerungsbedarf gebe, so Reich, "genauso wenig wird es vorkommen, dass alle Straßen in Wien gleichzeitig frei von Schlaglöchern sind".

Dass sich die erzwungenen Bremsmanöver und das Schritttempo negativ auf die Intervallzeiten auswirken, kann als Rückschlag für die jüngste Bim-Strategie der Wiener Linien verstanden werden: Ein Pilotversuch soll zeigen, ob mit demontierten Sitzreihen schnellere Ein- und Ausstiegszeiten und somit kürzere Abfertigungsphasen an den Haltestellen möglich sind. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 13.9.2012)