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Israels Armee zog sich aus dem nördlichen Gazastreifen zurück.

Foto: REUTERS/Mohammed Salem
    Die Übergabe war reibungslos: Binnen einer Nacht zogen die Israelis aus Nordgaza ab, die Palästinenser rückten nach. Die Menschen diesseits und jenseits der Demarkationslinie zeigen etwas Hoffnung - und viel Skepsis.

Beit Hanun - Schlag auf Schlag war es ab Sonntagnachmittag gegangen: Zuerst hatten ausgerechnet Hamas und der Islamische Djihad, die beiden radikalsten Palästinensergruppen, endlich jenen Waffenstillstand verkündet, um den man seit Monaten gerungen hatte. Stunden später zog Yassir Arafats Fatah mit einer separaten Erklärung nach. Über Nacht verschwand dann Israels Armee aus dem nördlichen Gazastreifen. Am Montagvormittag waren um Beit Hanun und entlang der Nord-Süd-Verbindung durch den Gazastreifen überall palästinensische Polizisten in Position.

General Abdel-Rasak Al-Majeda, Kommandant der grün uniformierten "Allgemeinen Sicherheit", war auf Inspektionstour. "Ja, wir können die Sicherheit garantieren", sagte er sichtlich zufrieden dem Standard, "wir haben ein innerpalästinensisches Abkommen, hinter dem Präsident Yassir Arafat und Premierminister Mahmud Abbas stehen."

Pferdefüße

Die "Hudna", wie die Palästinenser die Waffenruhe nennen, hat allerdings Pferdefüße. Für die Fatah ist sie auf sechs Monate, für die anderen Gruppen nur auf drei Monate befristet. Zudem wird sie von der Freilassung aller palästinensischen Gefangenen abhängig gemacht, einer Bedingung, die für Israel nicht zu erfüllen ist. Die Israelis blieben einigermaßen kühl: "Wir halten jetzt nicht den Atem an", hieß es im Außenamt in Jerusalem, die Terrorgruppen müssten entwaffnet werden, Abbas könne nicht "mit der Hamas und mit Israel gleichzeitig Frieden schließen".

Auch in Gaza hatte man nicht den Eindruck einer historischen Stunde. Am Checkpoint Erez hatten sich rund 400 Palästinenser eingefunden, um zur Arbeit nach Israel hinüberzugelangen, etwas mehr als sonst. Palästinensische Polizisten sorgten für Ordnung und vergewisserten sich, dass die Männer keine Sprengstoffgürtel trugen. "Für mich hat sich nichts geändert", sagte der 48-jährige Achmed Abu Ansha, "ich hoffe, dass es besser wird, aber ich muss mich weiter hier um die Magnetkarte anstellen, um drüben arbeiten zu können."

Skepsis

In Beit Hanun, das die Israelis immer wieder besetzt hatten, weil von hier aus ständig Raketen auf Israel abgefeuert wurden, sah es wüst aus. Abdel-Aziz Swellem zog einen neuen Zaun um seinen abgeholzten Olivenhain. Die Israelis haben Bäume umgewälzt, um den Kommandos der Hamas die Möglichkeit zu nehmen, sich dahinter zu verstecken, doch Swellem schwört, dass "von hier niemand etwas abgeschossen hat".

Im israelischen Sderot auf der anderen Seite der Demarkationslinie hatte Thanna Feldmann seit Monaten in der Angst vor dem nächsten Einschlag gelebt. "Ich traue den palästinensischen Polizisten nicht, mir wäre lieber, unsere Soldaten wären noch dort, aber wir müssen der Sache eine Chance geben." (DER STANDARD, Print, 01.07.2003)