Wien - Nicht nur bei Menschen, auch bei Mikroben gibt es Opportunisten. So können einzellige Pilze, die bei vielen Menschen friedlich Mund, Rachen und Genitalbereich besiedeln, ihre Form ändern, gefährliche Biofilme bilden und in menschliches Gewebe eindringen, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Welche Gene daran beteiligt sind, hat ein internationales Team unter Beteiligung österreichischer Forscher systematisch untersucht. Sie haben dabei ein bisher unbekanntes Gen entdeckt, das fadenförmiges Wachstum bei Pilzen reguliert. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Science" veröffentlicht.

Harmlose und solche, die Biofilme bilden

Viele einzellige Pilze können sich in zwei Formen vermehren, zwischen denen sie je nach Umweltbedingungen hin und her schalten können: als lose wachsende Zellen oder fadenförmige Gebilde. So kommen für den Menschen harmlose Pilze wie die Bäckerhefe besser an Nährstoffe heran, und opportunistische Krankheitserreger wie Candida albicans, ebenfalls ein Hefepilz, können in Gewebe eindringen und Biofilme bilden. Das sind dünne Schleimschichten, in denen Bakterien oder Pilze eingebettet sind, man kennt sie etwa als Zahnbelag.

Therapieresistent

"Das Schlimme an Biofilmen ist, dass sie relativ resistent gegen Therapeutika sind", sagt der an der Studie beteiligte Biochemiker Karl Kuchler von den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Universität Wien und der Medizin-Uni Wien. Außerdem würden sie immer wieder besonders abwehrfähige Zellen produzieren, die sich ablösen und Infektionen verursachen können. "Das kommt vor allem bei Kathetern und ähnlichen medizinischen Behelfen vor", so Kuchler.

Omnipräsenter Regulator

Die Forscher suchten das komplette Erbgut der Bäckerhefe nach Genen ab, die für fadenförmiges Wachstum notwendig sind. Außerdem verglichen sie zwei Candida albicans-Stämme, von denen einer auf diese Art wachsen kann und der andere nicht, erklärte Kuchler: "Dabei haben wir einen omnipräsenten Regulator gefunden, der diesen Prozess in allen Pilzen steuert." Das Gen namens MFG1 reguliert eine Reihe anderer Gene, die wichtig für die Wachstumsform sind. Fehlt es in der Bäckerhefe oder Candida albicans, haben die Pilze Defekte beim fadenförmigen Wachstum und der Biofilm-Bildung, schreiben die Forscher. (APA, 16.9.2012)