Gewisse Störungen in den neuronalen Schaltkreisen, die bei Autismus auftreten, sind reversibel. Das zeigt eine Studie von Basler Wissenschaftern. Die Resultate gelten als wichtiger Schritt zur medikamentösen Behandlung von Autismus.

Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung des Gehirns, die bereits in der frühen Kindheit auftritt. Man schätzt, dass eines von hundert Kindern eine autistische Störung entwickelt, wie die Universität Basel in einer Mitteilung schrieb.

Versuche mit genmanipulierten Mäusen

Ein zentraler Risikofaktor für die Entstehung dieser Krankheit sind zahlreiche Mutationen in über 100 Genen - insbesondere im Gen Neuroligin-3. Dieses trägt zur Bildung von Synapsen bei, den Kontaktstellen zwischen Nervenzellen, die elektrische Signale übertragen. Mäuse, bei denen das Gen für Neuroligin-3 entfernt wurde, entwickeln Verhaltensmuster, die wichtige Aspekte von Autismus widerspiegeln.

Defekt in der Signalübertragung

An solchen Mäusen identifizierten die Forschungsgruppen von Peter Scheiffele und Kaspar Vogt am Biozentrum der Universität Basel nun erstmals einen Defekt in der Signalübertragung zwischen Hirnzellen, der die Funktion und Anpassungsfähigkeit der Gehirn-Schaltkreise stört. Sie stellten fest, dass diese negativen Auswirkungen damit einhergehen, dass eine spezifische Andockstelle für Glutamat verstärkt produziert wird. Diese spielt eine wichtige Rolle bei der Signalübermittlung. Zu viel davon verhindert jedoch die Anpassung der Hirnzellen bei Lernprozessen und stört damit langfristig die normale Entwicklung und reibungslose Funktion des Gehirns.

Pharmakologischer Angriffspunkt

Die wichtigste Feststellung der Forscher war dabei, dass diese gestörte Entwicklung der Hirnschaltkreise reversibel ist. Nachdem die Forschenden die Bildung von Neuroligin-3 in den Mäusen wieder angeschaltet hatten, drosselten die Nervenzellen die Produktion des Glutamat-Rezeptors auf ein normales Niveau. Die für Autismus typischen strukturellen Defekte im Gehirn verschwanden.

Daher könnten diese Glutamat-Rezeptoren ein geeigneter pharmakologischer Angriffspunkt sein, um Autismus aufzuhalten oder sogar rückgängig zu machen. Die beiden Basler Forschungsgruppen arbeiten in einem von der Europäischen Union geförderten Projekt (EU-AIMS) gemeinsam mit Partnern aus der Industrie an therapeutischen Substanzen, die diese Glutamat-Rezeptoren blockieren.

Autismus ist gegenwärtig nicht heilbar. Bisher können nur die Symptome der Erkrankung durch pädagogische und therapeutische Methoden gelindert werden. Eine autistische Störung äußert sich meist durch gestörtes Sozialverhalten, strenge Verhaltensmuster und eine eingeschränkte Sprachentwicklung. (APA, 15.9.2012)