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Faymann bei Wolf.

Foto: APA/BKA/ANDY WENZEL

Zwei Politikwissenschafter von der Universität Innsbrucker haben, wie neulich zu lesen war, in einer Studie zum Thema "Machen Inserate den Ton" herausgefunden, dass es in einigen Tageszeitungen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Inseraten und Berichterstattung gibt. Besonders bei "Heute" und "Österreich", aber bei diesen Blättern ist in anderen Bereichen so viel gratis, dass man fünf gerade sein lassen kann. Man darf in die Texte einfach nicht zu viel hineingeheimnissen oder sich gar zu falschen Schlüssen verleiten lassen, wenn einem gelegentlich etwas ein wenig seltsam vorkommt. So hat es sicher nichts Anrüchiges zu bedeuten, wenn etwa "Heute" nach dem ORF-Sommergespräch mit Werner Faymann schrieb: "Mehr Streit als Polit-Inhalt: Kanzler zähmt bissigen Wolf." Die Redakteure dort werden einfach grantig, wenn es irgendwo mit dem "Polit-Inhalt" hapert, weshalb einfach gesagt werden musste: "Was ein spannendes Interview hätte werden können, entglitt Wolf dann zu einem Streitgespräch über Faymanns Jus-Studium und seinen Lebenslauf." Wolf hätte es eben besser nicht entgleiten lassen sollen, denn es kam, wie es kommen musste: "Faymann diesmal eloquent". In "Österreich" blieb Wolf bissig, aber ungezähmt: "Kanzler und Wolf befetzen sich im TV", hieß es da in inseratenmäßig nicht nachvollziehbarer Ausgewogenheit.

Die beiden Wissenschafter sind aber auch zu dem Schluss gekommen, dass nicht nur bei "Standard" und "Presse" kein Einfluss von Inseraten auf die Berichterstattung feststellbar ist, sondern dass auch in der "Kronen Zeitung" solche Zusammenhänge nicht zu erkennen seien. Diese Erkenntnis bewahrt den Bundeskanzler vor einer großen Peinlichkeit, ließ sich doch nach Lektüre der Kommentare in der "Krone" zum Sommergespräch der Verdacht nur schwer abweisen, inserieren habe es für ihn doch gebracht. Da war gar keine Rede davon, Michael Jeannée habe den "bissigen Wolf" post festum gezähmt, er hat ihn vielmehr nach allen Regeln der ihm zur Verfügung stehenden literarischen Kunst k. o. geschlagen, ohne dass auch nur die Spur eines inseratenmäßigen Einflusses in seinem Poststück an den "lieben Armin Wolf" erkennbar geworden wäre.

"Montagabend im Altmannsdorfer Gartenhotel-Ring, wo Sie Ihren letzten öffentlich-rechtlichen Fight, vulgo "Sommergespräche", bestritten haben, haben Sie mich an einen ausgebrannten Boxer am traurigen Ende seiner Karriere gemahnt, und Ihr Gegner Werner Faymann an Muhammad Ali in Hochform". Schöner als mit diesem Bild aus der Welt des Sports hätte man auf die jeweilige Schlagkraft der ausgeteilten Argumente gar nicht verweisen können.

Wie der Kanzler da "Ihre extrem weit hergeholten Schwinger, die noch dazu tief unter die Gürtellinie" zielten, elegant auspendelte und - "flatternd wie ein Schmetterling, stechend wie eine Biene - mit linken Körperhaken beantwortete, die Ihnen den Atem raubten". Es können "Schwinger" statt aufs Kinn noch so "tief unter die Gürtellinie" zielen - wenn der Kanzler sie, "flatternd wie ein Schmetterling, stechend wie eine Biene" nicht etwa mit rechten, nein, mit "linken Körperhaken" beantwortet, dann hätte er sich diese Auspendlerzulage der "Kronen Zeitung" auch verdient, ohne je dort in einem Inserat, sei es als "Schmetterling", sei es als "Biene" abgebildet worden zu sein.

Derart von Flatterwesen umtost, ist es kein Wunder, dass deren "linke Körperhaken" selbst einem so routinierten Moderator wie Armin Wolf den "Atem raubten", als er - Wandler zwischen "Muhammad Ali, Schmetterling und Biene - Ihre öde wiederkäuend vorgebrachte Attacke, Faymann habe sich Sympathie, Aufmerksamkeit und Wählergunst vermittels in der "Boulevard-Presse" geschalteter Inserate, versehen mit großen Faymann-Fotos, "erkauft", souverän parierte".

Wenn ein "ausgebrannter Boxer" neben "extrem weit hergeholten Schwingern, die noch dazu tief unter die Gürtellinie" zielen, nur "öde wiederkäuend vorgebrachte Attacken" auf Lager hat, hat er eben keine Chance gegen einen "Muhammad Ali in Hochform", der "flatternd wie ein Schmetterling, stechend wie eine Biene" mit einem Gegeninserat elegant auspendelt. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, bedarf es erst gar nicht einer Studie, die bei der "Krone" keinerlei Zusammenhänge zwischen Geldfluss und Berichterstattung erkennt. Derartiges käme den Dichands nie ins Haus. Und wenn es schon nicht überzeugend geleugnet werden kann, dann wird es wenigstens "souverän pariert". (Günter Traxler, DER STANDARD, 14./15.9.2012)