Gerade einmal 14 Minuten des islamfeindlichen Films "Innocence of Muslims" haben ausgereicht, um einen weltweiten Flächenbrand auszulösen. Der scheinbar logische Schluss daraus: Kaum auszudenken, was passiert, wenn das Werk mit voller Wucht, also in voller Länge, auf die Menschheit losgelassen wird. Ein Verbot wird in mehreren Ländern diskutiert, und das Online-Videoportal Youtube erntet scharfe Kritik, weil es den Trailer nicht vollständig vom Netz nimmt. Die Reaktion könnte allerdings falscher nicht sein.

Anlass für die Diskussion in Deutschland ist die geplante Vorführung des kompletten Films durch die rechtsradikale Gruppierung "Pro Deutschland". Wahrung der Meinungsfreiheit einerseits und die Angst vor Gewaltexplosionen andererseits sind die wichtigsten Argumente. Doch eigentlich sollte das keine große Rolle spielen, eigentlich sollte das Video an sich keine große Rolle spielen. 

Die Ereignisse im sudanesischen Khartum beweisen, dass die Bedeutung des Mohammed-Videos überbewertet wird. Demonstranten stürmten die deutsche Botschaft, die Aktion galt als Racheakt für das Zeigen von Mohammed-Karikaturen in Berlin. Das zeigt: Den randalierenden Personen und den dahinterstehenden Bewegungen geht es nicht um konkrete Provokationen, sondern nur darum, ihre eigene Unzufriedenheit, woher auch immer sie kommen mag, an einem Sündenbock auszulassen. Gäbe es das Video oder die Karikaturen nicht, hätte sich früher oder später bestimmt ein anderer nichtiger Grund gefunden, um Gebäude zu stürmen und Menschen zu töten.

Den Film zu verbieten würde nicht nur bestehenden Gesetzen widersprechen und einen Eingriff in die Grundrechte bedeuten, es wäre auch ein Kniefall vor einem Mob, der rationalen Argumenten nicht zugänglich ist. Vielmehr sollte man "Innocence of Muslims" in voller Länge zeigen, um die Absurditäten, die der Film hervorgerufen hat, in seiner ganzen Dimension verstehen zu können. Denn die gezeigten 14 Minuten sind von so lächerlicher Machart, dass der gesamte Film eigentlich nur eine Beleidigung jedes Intellekts sein kann. (Kim Son Hoang, derStandard.at, 17.9.2012)