Pirmin Blums blaue Leuchtlettern waren als Hommage an Ai Weiwei gedacht. Auf der "Parkfair" durften sie nur kurz strahlen.

Foto: Markus Schieder

Wien - Für einen ersten laienhaften Versuch, dem Vibrosaurus Töne abzuringen, war es einfach zu gut. Nach dem selbstbewussten Versuch rang die junge Dame dem aus 30 Blechbläsern - Trompete, Tuba, Posaune, Horn - zusammgefügten Urzeit-Viech von Constantin Luser sogar ganze Melodien ab. Tatsächlich stellte sich das Talent am Vibrosaurus (2007), das sich gut gelaunt auf den Boden des Parkdecks warf, um die diversen Mundstücke des Instruments zu erreichen, als Profi heraus. Tamara Friebel ist Komponistin und Hornistin und studierte unter anderem bei Zaha Hadid Architektur. Für Lusers Klangkörper würde die experimentierfreudige Musikerin (Canto Morph, 29. 9., Echoraum Wien) nur zu gerne einmal ein Stück komponieren.

Dank solcher Spontaneinlagen war das apokalyptische Thema Arte Noah der Parkfair weniger schwer, denn beschwingt. Trotzdem spielt das nächtliche, nur von grellem Neon belichtete Ambiente des Parkdecks dem Szenario in die Hände. Im Stadioncenter findet heuer bereits zum zweiten Mal parallel zur Viennafair die von Iv Toshain und Matthias Makowsky organisierte Messe statt: Eine "Avantgardemesse" für junge und etablierte Positionen, heißt es.

Der Flut trotzen

Das Weltende ist zwar als Thema nicht besonders exzeptionell, dafür findet man Originelles von Originalen wie Christian Eisenberger: Der hat einen Kometen aus Chips gekrümelt. Die recht übersichtliche Endzeitkulisse illustriert ein hier gestrandeter Helikopter (David Moises) ebenso wie die mit Holzpfählen abgestützte Decke (Katrina Daschner): Sich anklammernd, kann man dort kommenden Fluten trotzen und über Kopfhörer der traurigen Weise von den "Zwei Königskindern" lauschen: "... der Jüngling ertrank so tief ..."

"Leergeblasen" kommentieren riesige Lettern (Siggi Hofer) zugleich äußere und innere - der Erschöpfung und Stumpfsinnigkeit gewidmete - Wüsteneien. Womöglich kommt mit dem Ende der Welt auch die Aufhebung der Polaritäten: Daran lassen die durchdrehenden Kompassnadeln von Ulla Rauter denken.

Denn die Parkfair beschwört auch politische Endzeiten mit eingeschränkten Freiheiten: Mit dem Wort "Fuck" provozierte Ai Weiwei die chinesischen Zensurbehörden. Als Hommage an den Künstler installierte Pirmin Blum vier riesigen Leuchtbuchstaben: F - U - C - K. In der Donaustadt wertete man das als Provokation. Die Installation wurde am Mittwoch von den Betreibern des Stadioncenters entfernt und exerziert nun genau das vor, woran man mahnend erinnern wollte: das Ende künstlerischer Freiheit.

Zu den Messesatelliten darf man auch die Luxus?! / Messe+im Stilwerk Wien zählen. Angeregt von den Diskussionen über eine "russische" und verdachtsweise Luxus-Viennafair spürt die Off-Veranstaltung den komplexen Beziehungen zwischen Kunst und Luxus nach. Als solchen Kontrapunkt darf man auch Das Chic Boutique Café verstehen. Hier, direkt gegenüber der Messe, fand bisher stets die Jennyfair statt. In diesem Jahr stopft man auf hohem Niveau diverse, nicht nur kulinarische Versorgungslecks der Viennafair. Ein Gesamtkunstwerk in der Tradition des Wiener Kaffeehauses und der Wiener Werkstätte. Der Kaffee kommt zwar im Pappbecher, genießen kann man ihn aber unter anderem auf künstlerisch gestalteten Tischen von Ovidiu Anton oder Johanna Braun. Durch und durch charmant. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 21.0.2012)